Nagel: Staatlicher Schutz vor Piraten weiterhin notwendig
Die Zahl der Piratenangriffe ist in den vergangenen Jahren gesunken. Für den Verband Deutscher Reeder (VDR) ist das jedoch kein Grund zur Entwarnung.
Die hoheitliche Sicherung des Seegebiets vor Somalia durch Marineschiffe dürfe nicht zurückgefahren werden, sagte Ralf Nagel, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des VDR. „Am Horn von Afrika hat sich die Verbindung von passiven und aktiven Schutzmaßnahmen an Bord sowie hoheitlicher Sicherung als verlässliche Kombination zum Schutz vor Piratenangriffen erwiesen“, sagte Nagel weiter.
Im Jahr 2014 gab es weltweit 245 Vorfälle, bei denen vier Seeleute getötet und 442 als Geiseln genommen wurden. Dabei haben sich die regionalen Schwerpunkte verändert. Im Gebiet vor Somalia und am Horn von Afrika hat es seit 2012 keine Entführungen durch somalische Piraten mehr gegeben, es wurden nur noch elf versuchte Angriffe von Piraten registriert. Dafür hat es im Golf von Guinea im vergangenen Jahr 41 Angriffe gegeben. Deutsche Schiffe waren dort zuletzt 2013 betroffen, damals wurden auf zwei Schiffen insgesamt neun Menschen als Geiseln genommen. Im Seegebiet um Indonesien gab es 2014 genau 31 Überfälle.
Vor Somalia haben die multinationale EU-Mission „Atalanta“ und der Einsatz bewaffneter privater Sicherheitsdienste an Bord von Handelsschiffen eindeutig Wirkung gezeigt: „Die Angriffe sind den Piraten offensichtlich zu gefährlich geworden. Doch die Angriffe können jederzeit wieder aufflammen. Deshalb halten wir Reeder die Präsenz von Marineschiffen am Horn von Afrika weiterhin für erforderlich“, schätzt Nagel die Situation ein. Vor Westafrika habe man das Problem, dass die dortigen Staaten keine fremden bewaffneten Sicherheitskräfte in ihren Küstengewässern zulassen. „Deshalb wünschen wir uns, dass die Bundesregierung die westafrikanischen Staaten davon überzeugt, die in Deutschland staatlich zertifizierten Sicherheitskräfte zu akzeptieren“, fordert der VDR-Chef.
Die konkrete Gefährdung von Schiffen hänge davon ab, „in welchem Gebiet die Schiffe unterwegs sind. In Südostasien haben es die Piraten hauptsächlich auf kleine Tanker und deren Ladung abgesehen, die sie stehlen und verkaufen können. Somalische Piraten nehmen eher Geiseln, um Lösegeld zu erpressen. Im Golf von Guinea sind beide Varianten üblich, wobei hier die Piraten häufig besonders brutal gegen die Besatzung vorgehen“, erläutert Nagel weiter.
Generell sind langsam fahrende und tief im Wasser liegende Schiffe, etwa Massengutfrachter oder Tanker, besonders gefährdet.
Und die internationalen Einsätze werden auch durch Schulungen der Schiffscrews flankiert: Seit fünf Jahren gibt es bei der Bundespolizei See in Neustadt im Kreis Ostholstein ein Piraterie-Präventionszentrum. „Wir beraten deutsche Reedereien, schicken im Krisenfall einen Berater und stellen Kontakte zu in- und ausländischen Behörden und Organisationen her“, sagt Klaus Wulf, der stellvertretende Leiter des Zentrums. dpa/pk