NMK: Reeder sollen Zielvorgabe konkretisieren

Die 9. Nationale Maritime Konferenz hat neben Impulsen für den Schifffahrtsstandort Deutschland auch für Kontroversen gesorgt. Differenzen zwischen den Partnern des Maritimen Bündnisses wurden am zweiten Konferenztag offenkundig.

Vor allem Thomas Mendrzik von Ver.di sorgte mit seiner Stellungnahme für die Arbeitnehmervertreter für Gesprächsstoff: „Ver.di wird künftig keine Maßnahmen und Programme politisch und organisatorisch unterstützen, für die es keinen messbaren Nutzen für die Beschäftigten in der maritimen Wirtschaft geben wird.“ In diesem Kontext nannte Mendrzik den Wunsch der Reeder, die Schiffsbesetzungsverordnung zu lockern. Das bringe keine Verbesserung für Ausbildung und Beschäftigung deutscher Seeleute. Die Ankündigung von Verkehrsminister Alexander Dobrindt, die Verordnung ministeriell im Alleingang zu verändern, sei eine Ankündigung, das Maritime Bündnis ad absurdum zu führen. Das Bündnis sei damit praktisch aufgekündigt.

Im September hatte bereits der Beauftragte der CDU/CSU-Fraktion für die maritime Wirtschaft im Bundestag, Rüdiger Kruse, beim Schifffahrts-Symposium von Hansa Treuhand ausgeführt, das Thema Schiffsbesetzungsverordnung müsse der Gesetzgeber regeln, wenn sich die Tarifpartner nicht einigen. Am Standort Deutschland sei volle Wettbewerbsfähigkeit herzustellen. Die Gewerkschafter fühlen sich jetzt offenbar übergangen.

Heino Bade von der IG Metall Küste setzte seine Kritik an einem anderen Punkt an. Seit der ersten Nationalen Maritimen Konferenz vor 15 Jahren sei es nicht gelungen, eine maritime Strategie zu entwickeln. Es gebe zu viele Einzelinteressen. Jeder Verband verfolge seine „partiellen Interessen“, es fehle eine schlagkräftige Interessenvertretung für den industriellen Sektor. Es sollten nicht nur Forderungen an die Politik gestellt, sondern auch über die eigenen Strukturen nachgedacht werden.

Alfred Hartmann vom Verband Deutscher Reeder brachte einen Aspekt in die Diskussion ein, den sein Verbandskollege Ralf Nagel bereits beim Branchenforum „Seeschifffahrt“ im Juni in Berlin aufgeworfen hatte. Der Weg müsse dahin führen, dass sich Reeder nicht mehr fragen, ob sie es sich leisten können, deutsches Personal auf See zu beschäftigen, sondern sich vielmehr die Frage stellen, ob sie es sich leisten können, dass sie es nicht tun. Hartmann nannte ein Beispiel dafür, warum maritimes Know-how in Deutschland erhalten bleiben müsse: die „Vision des unbemannten Schiffes“. Schließlich könne man mit einem Schiff ohne Besatzung von der deutschen Bucht aus nicht einfach per Joystick aus der Ferne nach Hamburg fahren. Um das zu bewerkstelligen, müssten sogar mehr Seeleute beschäftigt werden als das heute der Fall sei. Ob es aber überhaupt jemals zu unbemannten Schiffen kommen werde, daran habe er erhebliche Zweifel.

Nach der Grundsatzentscheidung in Brüssel, wonach die HSH Nordbank privatisiert werden soll, laste jetzt noch einmal eine große Verantwortung auf Hamburg und Schleswig-Holstein für den Erhalt des Schifffahrtsstandortes. „Wir müssen gemeinsam in den nächsten zwei Jahren alles tun, um so viele Schiffe wie möglich am Standort zu halten“, sagte Hartmann. Wo die Branche in zehn Jahren stehe, entscheide sich wesentlich beim Thema HSH Nordbank.

Konkrete Zielvorgaben an den eigenen Beitrag für das Maritime Bündnis, wie sie nicht nur die Gewerkschafter, sondern auch die Bundesregierung gefordert hatten, waren seitens der Reeder nicht zu hören. Stattdessen forderte Hartmann den Maritimen Koordinator der Bundesregierung, Uwe Beckmeyer (SPD), auf, den weiteren Arbeitsprozess für die Umsetzung der auf zehn Jahre angelegten Maritimen Strategie aufzuzeigen, verbunden mit der Frage, wann das Kabinett die Agenda verabschiedet.

Der Verband Deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere (VDSK) begrüßte das Bekenntnis der Politik zum Ausbau des maritimen Know-hows in Deutschland, erwartet im Gegenzug von den Reedern aber „belastbare Bekenntnis se zum Ausbau der Ausbildung und Beschäftigung deutscher Führungskräfte an Bord deutscher Schiffe“. Die Zielvorgabe müsse sich sowohl an der Zahl der beschäftigten und in Ausbildung befindlichen Seeleute als auch an der Zahl der als Arbeit suchend gemeldeten Seeleute orientieren.

Bundestagsmitglied Herbert Behrens (Linke) vertrat die Ansicht, ohne verbindliche Gegenleistungen der Reeder solle es keine weiteren Zuschüsse geben. „Wenn jetzt die Regierung gesagt hat, wir setzen den Lohnsteuereinbehalt noch einmal hoch, sind wir inzwischen unterhalb der Grenzen anderer europäischer Staaten.“ Selbst griechische Reeder zahlten mehr als deutsche Reeder dann bezahlen würden, so Behrens. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Dr. Valerie Wilms sprach sich dafür aus, das Maritime Bündnis komplett neu zu starten. Statt über Lohnsteuereinbehalt solle über Lohnsteuerfreiheit für Jobs an Bord nachgedacht werden, die Sozialversicherung könne dann der Staat übernehmen, das erleichtere vieles.

Als es in der abschließenden Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft darum ging, ob ein Toaster aus Kostengründen oder aus logistischen Gründen über die ARA-Häfen (Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam) und nicht über deutsche Häfen transportiert wird, schaltete sich Uwe Beckmeyer angesichts des aus seiner Sicht „abgesenkten“ Niveaus ein. Es gehe bei den Warenströmen doch vielmehr darum, mit den „Carriern“ klarzukommen, und es müsse dafür gesorgt werden, dass der Kaufmann zufrieden ist. fab

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