P+S-Pleite: Schadenersatzklage vor Gericht

Die Werftenpleite in Stralsund und Wolgast geht in die nächste Runde. Jetzt muss sich KPMG vor dem Hamburger Landgericht verantworten, Foto: Hasenpusch
Vor dem Hamburger Landgericht hat am Donnerstag ein Prozess um die Pleite der vorpommerschen P+S-Werften begonnen.
Eine Zivilkammer verhandelt über eine Klage von Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann. Er fordert von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mehr als ein halbe Milliarde Euro Schadenersatz für fehlerhafte Gutachten. KPMG habe Mitte Dezember 2009 den schon damals angeschlagenen Werften Sanierungsfähigkeit attestiert und an dieser Aussage wider besseren Wissens noch über zwei Jahre festgehalten, heißt es in einem Zwischenbericht Brinkmanns für die Gläubiger.
Auf Grundlage des Gutachtens hätten die damaligen Werften-Geschäftsführer auf bereits Ende 2009 angekündigte Insolvenzanträge verzichtet und die Schiffbaubetriebe in Stralsund und Wolgast bis zur Pleite am 29. August 2012 fortgeführt. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hatte Bürgschaften und Garantien von 271,1 Millionen Euro übernommen und musste dafür auch einstehen. Ein Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtags hatte den Wirtschaftsprüfern eine erhebliche Mitschuld an den Verlusten gegeben.
Mit der Klage will Brinkmann den Schaden aus der Differenz der Überschuldung zwischen Dezember 2009 und Sommer 2012 geltend machen. Seinen Berechnungen zufolge war die Überschuldung in diesem Zeitraum, den KPMG mit weiteren positiven Gutachten begleitete, von 20 auf 534 Millionen Euro gewachsen. Vor der ersten öffentlichen Verhandlung wollten sich weder der Insolvenzverwalter noch eine KPMG-Sprecherin zum Streit äußern.
Die Wolgaster Peenewerft gehört inzwischen zur Bremer Lürssen-Gruppe, die Stralsunder Volkswerft zum malaysischen Genting-Konzern. Beide Eigner-Unternehmen haben jüngst einen Personalabbau angekündigt, allerdings an anderen Standorten. Bei der Hamburger Werft Blohm + Voss, die im vergangenen Jahr von Lürssen übernommen worden war, sollen 300 von 1000 Stellen wegfallen. Die zu Genting gehörende Lloyd-Werft in Bremerhaven hat angekündigt, die Zahl der Stellen um 117 auf 260 abzubauen.
Der Schiffbau liegt weltweit darnieder und erhält nur wenig neue Aufträge für Handelsschiffe, doch generell stehen die deutschen Werften dank ihrer Spezialisierung auf hochwertige Nischenprodukte noch gut da. fab/lno