Rekordabgänge in der deutschen Flotte

Der Abverkauf aus der Flotte deutscher Reeder setzt sich fort. 260 Handelsschiffe wechselten in diesem Jahr bis Mitte Dezember nach THB-Informationen den Besitzer.

Nicht alle, aber doch die deutliche Mehrheit ging an Käufer aus dem Ausland. Bereits jetzt steht fest: 2016 gibt es so viele Verkäufe bei deutschen Reedern wie in keinem Jahr zuvor. Zum Vergleich: In den bisherigen Rekordjahren 2012 bis 2015 lag die Zahl der Veräußerungen jeweils zwischen 170 und 200 Einheiten (THB 3. Februar 2016).

Der Aderlass spiegelt sich auch an den Schiffen unter deutscher Flagge wider. Aus der Statistik des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) geht für Ende November 2016 ein neuer Negativrekord hervor. Offiziell führt das BSH jetzt noch 338 Schiffe unter deutscher Flagge. Das betrifft jedoch die Schiffseinheiten sowohl im nationalen als auch im internationalen deutschen Register. Im Internationalen Register (ISR) sind es nur noch 186 Einheiten unter deutscher Flagge, abzüglich der 4 Schiffe zur Personenbeförderung sogar nur 182 Einheiten. Dem stehen 2382 Schiffe registriert im ISR unter Bareboatcharter gegenüber.

Diese 182 Schiffe sind die relevante Größe, befindet Kapitän Gunter Schütze, seit rund 30 Jahren an Bord von Schiffen in internationaler Fahrt. Schließlich könnten nur im ISR erfasste Einheiten unter Bareboatcharter und im ISR erfasste Frachter unter deutscher Flagge in den Genuss der deutschen Förderrichtlinien für die Seeschifffahrt kommen: wie die Tonnagesteuer, da es für die deutsche Tonnagesteuer nur der Registrierung im ISR bedarf und keine Flaggenbindung besteht. Dagegen werden der komplette Lohnsteuereinbehalt, direkte Finanzhilfen zur Ausbildungsplatzförderung und Einzelzuschüsse nach der Richtlinie zur Senkung der Lohnnebenkosten in der Seeschifffahrt nur für im ISR registrierte Schiffe unter deutscher Flagge gewährt.

Klaus Harald Holocher von der Jade Hochschule hatte im Vorfeld einer Konferenz zur „Attraktivität der deutschen Flagge“ in Elsfleth ausgeführt, Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge würden durch Entlastungen von der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht deutlich besser gestellt und für ihren Arbeitgeber günstiger (THB 15. Dezember 2016). Es gebe sehr hohe Zuschüsse vom Bund, die für einen Kapitän schon mal 32.000 Euro im Jahr ausmachen könnten. Schiffe, die befristet unter fremder Flagge fahren, müssen dagegen eine Abgabe leisten, die in die Ausbildung junger Seeleute fließen soll.

Die 32.000 Euro beziehen sich explizit und ausschließlich auf die Ausbildungsförderung, stellt Kapitän Gunter Schütze klar. Sie gelten für die Schiffsmechanikerausbildung und in Abstufungen für die Ausbildung für angehende Offiziere und Ingenieure. Die Förderrichtlinie ist bis 2019 gültig.

In der Bekanntmachung der Bundesregierung über die Höhe der Einzelzuschüsse für das Kalenderjahr 2015 nach der Richtlinie zur Senkung der Lohnnebenkosten in der Seeschifffahrt liegt der Höchstbetrag für einen Kapitän auf Schiffen mit mehr als 3500 BRZ bei 16.700 Euro Einzelzuschüssen jährlich, so Schütze. Hier sei der Förderzeitraum bis 2017 festgelegt.

Beim kompletten Lohnsteuereinbehalt handle es sich um Zuschüsse, die Schiffseigner und Managementgesellschaften für EU-Seeleute auf Schiffen im ISR unter deutscher Flagge vereinnahmen dürfen. Die Seeleute selbst dagegen erfahren keine steuerliche Entlastung, entsprechende Behauptungen aus Verband oder Bundesregierung seien eine „bewusste Täuschung der Öffentlichkeit“, die mit dem Argument „hausieren gehen“, EU-Seeleute seien steuerlich besser gestellt. fab

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