Schutzverein erwartet für 2016 erneut positives Ergebnis

Wolf-Dietrich Gerlach, Chris Midgley (Shell Trading) und Carsten Sommerhage (v.l.), Foto: Jens Meyer

Gerlach, Foto: Jens Meyer
Der als Rechtschutzversicherung auf Gegenseitigkeit fungierende Schutzverein Deutscher Rheder hat für seine Mitglieder im vergangenen Jahr Ansprüche in Höhe von 14,9 Millionen Euro durchgesetzt.
Das geht aus dem Jahresbericht 2015 des Schutzvereins hervor, den der Vorstandsvorsitzende Carsten Sommerhage von Columbia Shipmanagement Deutschland jetzt vorgelegt hat. Im Vorjahr lag die Summe noch bei 18,2 Millionen Euro. Auch die Erledigungsquote lag mit 28 Prozent etwas unter dem Vorjahreswert von 34 Prozent. Der Überschuss des Vereins lag 2015 bei 418.000 Euro – nach 572.000 Euro im Jahr zuvor. Der Überschuss wurde der Rücklage zugeführt, womit die finanzielle Basis des Vereins weiter gestärkt wurde.
Konjunkturbedingt hat sich die Anzahl der versicherten Schiffe auch im laufenden Geschäftsjahr 2016 reduziert. Wie Geschäftsführer Wolf-Dietrich Gerlach jetzt beim traditionellen Jahresessen anlässlich der Jahresmitgliederversammlung in Hamburg berichtete, sind derzeit 1540 Einheiten beim Schutzverein versichert. Das bedeutete gegenüber Oktober 2015 einen Rückgang um acht Prozent. Die Gesamttonnage des versicherten Schiffsbestandes verringerte sich im selben Zeitraum um fünf Prozent auf 36 Millionen BRZ.
Für das laufende Geschäftsjahr erwartet der Schutzverein erneut ein positives Ergebnis, wenngleich der Überschuss voraussichtlich geringer als 2015 ausfallen wird. Ein Grund für diese Entwicklung liegt im gesunkenen Beitragsaufkommen. Hinzu kommt ein konstant hohes Kostenniveau aufgrund zunehmender Komplexität der zu bearbeitenden Fälle. Damit verbunden steigt die Anzahl von Streitfällen, in denen externe Anwälte eingeschaltet werden müssen – oft auch in mehreren Ländern weltweit.
Ungeachtet der niedrigeren Schiffsanzahl hat sich die Zahl der neuen Streitfälle im Geschäftsjahr 2016 kaum verändert. Bis Oktober 2016 waren es 332 – gegenüber 335 Streitfällen im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Eine leicht rückläufige Entwicklung ist bei den allgemeinen Anfragen zu beobachten, in denen es in ers ter Linie um die Verhandlung und Bewertung von Frachtvertragsklauseln geht. Während 2015 bis zum Oktober 344 Vorgänge zu bearbeiten waren, hat sich diese Zahl auf 310 im bisherigen Jahresverlauf reduziert.
Wie in den Vorjahren geht es auch im aktuellen Geschäftsjahr überwiegend um Streitigkeiten aus Zeitfrachtverträgen. Ins Gewicht fällt dabei insbesondere die Insolvenz von Hanjin Shipping als einem der weltweit größten Charterer von Containerschiffen, verbunden mit zum Teil enormen Einnahmeausfällen für die betroffenen Reedereien. Zusätzlich besteht ein Arrestrisiko, wenn unbezahlte Lieferanten beziehungsweise Dienstleister versuchen, die Reedereien beziehungsweise die Schiffe für die Schulden des Charterers in die Verantwortung zu ziehen. Der Schutzverein erwartet, dass sich Mitgliedsreedereien noch einige Zeit mit den Konsequenzen dieser Insolvenz beschäftigen müssen. Für den Verein werde das mit einem erheblichen Kostenaufwand verbunden sein.
Nach wie vor aktuell ist auch das Thema Sanktionen. Dabei ist wie bereits 2015 zu beobachten, dass Fragen im Vordergrund stehen, die die praktischen Auswirkungen bei Aufhebung oder Lockerung von Sanktionen betreffen.
Angesichts des positiven Geschäftsergebnisses hat die Mitgliederversammlung beschlossen, die Beiträge und den Selbstbehalt für 2017 unverändert zu lassen. Wie Gerlach feststellte, liegen die Mitgliedsbeiträge abhängig von der Schiffsgröße zwischen 440 und 1800 Euro jährlich und damit seit zwölf Jahren auf konstantem Niveau. Das gilt auch für den Selbstbehalt von 10 Prozent mit Minimum 450 und Maximum 4000 Euro.
Außerdem wurde eine Ent lastung derjenigen Mitglieder beschlossen, deren Schiffe im laufenden Geschäftsjahr mindestens sechs Monate ohne Unterbrechung aufliegen und aus diesem Grund keine Frachteinnahmen erzielen oder Leistungen aus Loss-of-Hire-Versicherungen erhalten.
Als „After Dinner Speaker“ ging Chris Midgley, Chief Economist and Head of Oil Markets Analysis von Shell Trading, vor den rund 160 Mitgliedern und Gästen aus dem In- und Ausland auf Marktmechanismen und Her ausforderungen ein, denen sich die Ölindustrie und die internationale Schifffahrt vor dem Hintergrund des Preisverfalls und sich verschärfender Umweltauflagen gegenübersehen.
Wieder in den Vorstand des Schutzvereins gewählt wurden Martina Peterson von der Reederei Hans Peterson & Söhne, Peter Harren von Harren Shipping Services und Dietrich Tamke von Transeste Schiffahrt. jm/fab