Starke Impulse für Maritimes Bündnis

Volle Kraft voraus: Bund will Förderung des Standorts ausbauen, Foto: DFR

Ferlemann sichert Maßnahmepaket zu, Foto: Fabarius

Rege Diskussion über den Schifffahrtsstandort, Foto: Fabarius
Das Maritime Bündnis steht vor einem Comeback. Das Branchenforum Seeschifffahrt im Vorfeld der 9. Nationalen Maritimen Konferenz brachte die erhofften Impulse.
Insbesondere die Reeder dürfen sich freuen. Zentrale Forderungen des deutschen Branchenverbandes VDR will die Bundesregierung erfüllen, sofern bis zum Konferenztermin im Oktober noch konkrete Zusagen für mehr Ausbildung und Beschäftigung deutscher Seeleute vorliegen.
Die Reeder hatten ihre Forderungen vor dem Aufeinandertreffen mit Politik und Gewerkschaft in Berlin vorab klar formuliert: kompletter Lohnsteuereinbehalt, eine Übernahme des Arbeitgeberanteils an den Sozialversicherungsbeiträgen der Besatzungsmitglieder und eine Lockerung der Schiffsbesetzungsverordnung.
Enak Ferlemann (CDU), parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsministerium, hob am Dienstag im Forum für die Seeschifffahrt hervor, dass der Bund dazu bereit sei, den Lohnsteuereinbehalt bei 100 Prozent anzusetzen. „Aber das können wir allein gar nicht machen“, betonte Ferlemann. Schließlich hätten auch die Länder darüber zu entscheiden. Deshalb appellierte er an diese, über den Bundesrat einen Antrag einzubringen, in dem sie sich zu dieser Maßnahme verpflichten. „Dann werden wir als Bund mitgehen“, so der Staatssekretär.
Als Nächstes komme die Frage der Sozialbeiträge. Der Bund traue sich zu, das zu hundert Prozent zu übernehmen – zum einen finanziell, zum anderen aber auch rechtlich, was gar nicht so einfach sei. Das Ganze könne aber nur funktionieren, wenn auch die anderen Bestandteile des Bündnisses kommen, wandte sich Ferlemann insbesondere an die Reeder. Es könne nicht angehen, dass einzelne Bestandteile herausgezogen würden. Damit knüpfte Ferlemann an seine eingangs getroffene Feststellung an, dass die derzeit rund 200 Schiffe unter deutscher Flagge „eindeutig zu wenig“ seien.
Das Maritime Bündnis habe große Erfolge gebracht, müsse jetzt aber neu justiert werden. Ein „weiter so“ könne es nicht geben, denn dann bestünde bald das Problem, den so dringend benötigten seemännischen Nachwuchs aus Deutschland gar nicht mehr zu bekommen. Mit den Bedingungen von Staaten wie Liberia und Bahamas wolle man nicht konkurrieren. Aber europäisch betrachtet müsse Deutschland wettbewerbsfähig sein, sagte Ferlemann mit Blick auf die Nachbarstaaten Dänemark und Niederlande. Für dieses Ziel müssten sich jedoch alle Partner des maritimen Bündnisses bewegen.
Die in diesem Jahr auslaufenden Ausbildungsbeihilfen werden verlängert, sicherte der Staatssekretär zu. Dabei sei auch zu überlegen, wie sich die Praktikanten fördern ließen. Beim Thema Schiffsbesetzungsverordnung müsse sich der Staat heraushalten – da erwarte er sowohl vom Verband Deutscher Reeder als auch von ver.di Ergebnisse. Die gab es dann auch im Verlauf der weiteren Diskussion, als Klaus Schroeter, Bundesfachgruppenleiter Schifffahrt bei ver.di, ein „Signal für Veränderungen“ gab. Das sei für die Arbeitnehmervertreter vorstellbar unter der Maßgabe, dass es mehr Beschäftigung und mehr Möglichkeiten für deutsche Seeleute gebe.
Diese Aussage wertete Ferlemann als einen Gewinn für das Bündnis, weil das der Lösungsweg sei: Flexibilisierung im System bei gleichzeitiger Zusicherung von Beschäftigung. Jetzt müssten nur noch die Reeder dar über nachdenken, ob sie da mitgehen können, „und dann wird eure Regierung schon das Richtige entscheiden“, ermunterte Ferlemann die Sozialpartner.
Versicherungssteuer zügig „abräumen“
Bewegung kommt auch in einen weiteren wichtigen Punkt für die Branche: „Ich werbe dafür, dass wir die Versicherungssteuer vermeiden und dass es auch da Klarheit gibt“, sagte Uwe Beckmeyer (SPD), Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft. Noch in dieser Woche werde es dazu ein Spitzengespräch zwischen Wirtschafts- und Finanzministerium geben. Beckmeyer setzt darauf, das Thema damit „abräumen“ zu können.
Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium sprach auch „Signale aus der Reederschaft“ an, die für Kontroversen sorgen. So sei beispielsweise infrage gestellt worden, ob deutsche Seeleute überhaupt noch benö tigt würden. Die nächste Frage würde dann lauten: Brauchen wir noch eine deutsche Flotte? „Ja, wir brauchen eine deutsche Flotte“, stellte Beckmeyer klar. Wenn man höre, dass der eine oder andere Reeder seinen Kollegen empfiehlt, aus Kostengründen europäische Flaggen zu verlassen, sei das eine „sehr egoistische Sichtweise“. Denn „unsere Aufgabe ist es, eine Lösung zu finden, die am Ende trägt und den Schifffahrtsstandort Deutschland voranbringt – mit Reedereien, die ihren Sitz in Deutschland haben, hier Beschäftigung organisieren und auch hier Steuern bezahlen“. Ziel sei es, das Bündnis aus Politik, Reedern und Arbeitnehmerschaft wiederzubeleben und zu verstärken. Die politisch Verantwortlichen seien bereit, einen staatlichen Beitrag zu organisieren, der beträchtlich sei und deutlich über dem liege, was bereits bestehe.
Ferlemann lobte ausdrücklich die Ausbildungsinitiative der Lotsen. Das sei ein Bereich, der sehr viel Nachwuchs benötige und für die Sicherheit im Lande zwingend erforderlich sei. Die Lotsen hätten einen guten Vorschlag gemacht, wie die Ausbildung so zu organisieren ist, dass sie dabei mehr Unabhängigkeit gewinnen, insbesondere losgelöst von den Folgen der Schifffahrtskrise. Er unterstütze dieses Vorhaben. fab