Achtersteven originalgetreu nachgebaut

Spektakuläre Operation an historischem Stahl gelungen: Auf der Lauenburger Hitzler Werft hat jetzt der 120 Jahre alte Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ ein neues Heck bekommen. „Wir haben hier Denkmalschutz und modernste Technik zusammengebracht“, sagte Werner Büker, der technische Leiter des Unternehmens, dem THB.

Im Oktober 2019 war das alte Ende im Rahmen einer laufenden Sanierung des Schiffes abgetrennt worden. Die Arbeiter holten sich das Rumpfstück in die Maschinenbauhalle. Büker: „Mit einem 3D-Scanner haben wir dort am alten Heck die Maße abgenommen und auf der Basis neue Spanten gefertigt. Diese haben wir dann beplankt.“ Dabei standen alt und neu nebeneinander, damit man genau hinsehen konnte, wie es sein muss. Denn das Denkmalschutzamt hatte strenge Vorgaben gemacht. Das 6,50 Meter lange neue Endstück des Raddampfers wurde dabei nicht nur detailliert nachempfunden, sondern es entstand ein so originalgetreuer Neubau, dass dieser problemlos an den Rest des Schiffes angepasst werden konnte.

„Wahnsinn, eine sehr aufregende Sache“, sagte Markus Reich. Der Reeder ist Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Lauenburger Elbschifffahrtsmuseums, der den historischen Raddampfer betreibt. Außerdem ist er als Kapitän mit dem Dampfer und Touristen an Bord unterwegs. „Wir hoffen, dass wir zum Kurs Elbe. Tag am 26. April in die neue Saison starten können“, so Reich. Dann starten die Eigner der Ausflugsschiffe aus der Metropolregion Hamburg traditionell mit einem gemeinsamen Fest auf der Elbe vor Lauenburg und am Ufer der Stadt in den besonders stark gefragten Zeitabschnitt des Jahres.

Bei Hitzler haben die Arbeiter um Thorsten Heyde bis dahin noch allerhand zu tun. Denn auch der Kessel wurde schon erneuert, ein neuer Schornstein muss montiert werden. Doch der Clou ist das neue Heck. Dank einer sonst im Landschaftsbau genutzten Software konnte der geschwungene Achtersteven, der ursprünglich 1900 auf der Dresdener Maschinenfabrik und Schiffswerft entstanden war, exakt originalgetreu nachgebaut werden. „Eine sehr reizvolle Sache“, meinte Heyde. Der Rohbau wurde auf einem Anhänger in der Schiffbauhalle montiert. Dort wartete der gestutzte Kaiser bereits auf sein neues Hinterteil. Mit dem großen Hallenkran der Werft schwebte das Heckstück an seinen Platz. Kettenzüge halfen, das etwa 6,5 Tonnen schwere Bauteil genau auszurichten. Und so konnte in der Schiffbauhalle schließlich alt und neu zusammengefügt werden. „Wir haben das neue Heck zunächst nur angeheftet und den Dampfer dann auf die Helling genommen, um auch den Unterwasserbereich schweißen zu können.“

Jetzt geht es an den Endausbau und an den Anstrich. Zahlreiche Bauteile, darunter Bullaugen, Heckanker und Ruderquadrant, werden wieder montiert. „All das erfolgt vor dem Hintergrund der Vorgaben des Denkmalschutzes. Aber ich finde, das Zwischenergebnis kann sich schon sehen lassen“, sagt Reich. Dank einer finanziellen Förderung des Bundes in Höhe von 950.000 Euro und einem Eigenanteil des Vereins von 95.000 Euro kann der „Kaiser Wilhelm“, der in Europa zu den letzten kohlebefeuerten Dampfern gehört, umfassend saniert werden.

Die Saison 2020 ist für die ehrenamtliche Crew und ihr Schiff auf der Elbe eine ganz besondere: Seit 50 Jahren fahren sie von Lauenburg aus alljährlich von April bis September auf der Oberelbe. Für den Verein Anlass genug, vom 17. Juli bis 2. August in das alte Revier auf der Weser zurückzukehren. Dort sollte der Raddampfer bereits 1970 eigentlich verschrottet werden, Enthusiasten bewahrten das Schiff vor diesem Schicksal. Heute ist es eine maritime Attraktion, die Jahr für Jahr Tausende Menschen als Passagiere des 57,20 Meter langen Schiffes anlockt. tja

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