Deutsche Schiffbauer stark in schwachem Weltmarkt

Im Kreuzfahrtschiffbau könnte deutschen Werften neue Konkurrenz aus China erwachsen, Foto: Kümmerlen
Schiffbauer leiden weltweit unter einer dramatischen Nachfrageschwäche. Deutsche Unternehmen kommen aber erstaunlich gut durch diese Krise.
„Wir können mit einer gewissen Beruhigung auf den globalen Nachfragekollaps im Schiffbau blicken“, sagte VSM-Präsident Harald Fassmer gestern anlässlich der Mitgliederversammlung des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) in Hamburg. In den ersten vier Monaten des Jahres gingen bei den heimischen Schiffbauern Aufträge über neun Schiffe im Wert von 1,3 Milliarden Euro ein. Darin sind die Bestellungen der malaysischen Genting Group über zehn Schiffe noch nicht enthalten, weil dieser Auftrag mit einem Volumen von 3,5 Milliarden Euro erst im Mai erteilt wurde (THB 11. Mai 2016). Hingegen wurden global bis Ende April nur 114 Schiffe im Wert von 11,3 Milliarden Euro in Auftrag gegeben. Damit setzt sich der Abwärtstrend im internationalen Schiffbau verschärft fort. Zwischen 2013 und 2015 halbierten sich die Bestell eingänge gemessen an der Zahl der Schiffe. Im vergangenen Jahr wurden Aufträge über 1400 Schiffe erteilt, 2013 waren es noch mehr als 2800 gewesen. Von deutschen Werften wurden im vergangenen Jahr 16 Schiffe abgeliefert, acht weniger als 2014. Zwölf Neubestellungen kamen hinzu, so dass das Orderbuch mittlerweile 43 Aufträge beinhaltet. Vier der 16 Ablieferungen gingen ins Inland, zwölf Schiffe wurden an ausländische Auftraggeber abgeliefert. Darunter befanden sich zwei Fähren, sechs Passagierschiffe und acht Einheiten, die der Jahresbericht des VSM als „Sonstige“ ausweist, also Binnen-, Behörden- und Marineschiffe. Das abgelieferte Volumen hatte eine gewichtete Bruttoraumzahl (CGT) von 435.221 und eine kumulierte Tragfähigkeit von 405.966 Tonnen. Das Gesamtauftragsvolumen dieser abgelieferten Schiffe lag bei fast 2,3 Milliarden Euro.
Deutschland stehe im internationalen Wettbewerb gut da. „Es gibt weniger aktive Besteller, bei diesen genießen die deutschen Werften aber einen guten Ruf“, sagte Fassmer weiter. Die heimischen Werften hätten gewissermaßen ein Alleinstellungsmerkmal: „Die wenigen Orders, die es derzeit gibt, kommen von seriösen Auftraggebern, die Wert auf eine sehr hohe Qualität legen.“ Und deutsche Unternehmen und Zulieferer lieferten dies unter dem Si gnum „Made in Germany“.
Fassmer und VSM-Hauptgeschäftsführer Dr. Reinhard Lüken verwiesen gestern mehrfach auf die schwierige Lage der asiatischen Schiffbauer, auch wenn die Werften aus China, Japan und Korea immer noch weit vorne lägen. „Die Ratingagentur Fitch hat jüngst ausgerechnet, dass koreanische Werften für faule Schiffskredite in Höhe von rund 77 Milliarden US-Dollar verantwortlich sind“, sagte Lüken. „Das entspricht einem Viertel des koreanischen Staatshaushalts.“
Internationale Regeln nötig
Da diese faulen Kredite überwiegend bei Staatsbanken lägen, „wirft die südkoreanische Regierung die Notenpresse an, um die finanzierenden Banken und damit die Werften zu retten“, so Lüken weiter. Glücklicherweise habe dies die Preise nicht nach unten gedrückt. Dennoch mahnte Lüken ein internationales Regelwerk für den Schiffbau an, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Gerade der Blick nach Asien und in die USA zeige, wohin staatlicher Protektionismus führe. „Alle Welt diskutiert bei TTIP über das Chlorhühnchen. Der Schiffbau wäre das viel bessere Beispiel“, so der VSM-Hauptgeschäftsführer weiter.
Auch wenn die deutschen Werften aufgrund ihrer Spezialisierung den Wettbewerb nicht scheuen – ein banger Blick geht dennoch nach Asien: „China will innerhalb von fünf Jahren die für den eigenen Kreuzfahrtmarkt benötigten Schiffe selber bauen“, führte VSM-Chef Fassmer aus. „Bis dahin werden sie das nicht besser können als deutsche Werften. Es gibt aber keinen Platz für Selbstzufriedenheit oder für ein Nachlassen in dem Bemühen, immer besser und effizienter zu werden.“
Fassmer lobte in diesem Zusammenhang die Pläne zur Errichtung eines nationalen maritimen Forschungszen trums und die Idee einer Maritimen Agenda. pk