Hamburg will um Pella Sietas-Werft kämpfen

Standort mit „Engpassfaktoren“: das Este-Sperrwerk in Hamburg-Neuenfelde, Foto: Arndt
Die in extreme wirtschaftliche Schieflage geratene Traditionswerft FSG (Flensburger Schiffbau Gesellschaft) hat einen für ihre Restrukturierung bedeutsamen Befreiungsschlag vornehmen können.
Sie verständigte sich Ende vergangener Woche mit einem ihrer Kunden, der Reederei Irish Continental Group (ICG) aus Dublin darüber, dass diese einen schon vor geraumer Zeit platzierten Auftrag über eine neue RoPax-Fähre storniert. Der Bau des Schiffes wäre hoch defizitär gewesen, räumte ein FSG-Sprecher am Freitag ein
Die ICG-Fähren verkehren unter dem Label „Irish Ferries“ zwischen der Republik Irland und zwei Häfen in Großbritannien sowie einem Hafen in Frankreich. Der Fährpassagierverkehr auch in diesem Fahrtgebiet ist als Folge der Corona-Pandemie massiv eingebrochen. Reedereiangaben zufolge liegen die Rückgänge bei den Passagierzahlen bei gut 60 Prozent, bei Fahrzeugen sogar bei 62 Prozent.
Wie der ICG-Gruppe geht es auch den anderen in diesem Teilmarkt operierenden Reedereien. Über Corona hinaus wirken sich belastend für die mittel- und langfristige Verkehrsmengenentwicklung die derzeit nicht abschätzbaren Folgen des Brexit aus. ICG wird vor dem Hintergrund der eher schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bis auf weiteres auf den Bau einer neuen Fähre verzichten. Die bereits als Anzahlung auf den Auftrag überwiesenen rund 33 Millionen Euro hat die Reederei inzwischen zurückerhalten.
Indes lösten die FSG-Übernahmeabsichten durch Pella Sietas auf der politischen Ebene in Hamburg verschiedene Reaktionen aus. So ist von Wirtschaftssenator Westhagemann zu vernehmen, dass er alles daran setzen will, die Traditionswerft Pella Sietas unbedingt am Standort zu halten. Als möglichen Anreiz bringt Westhagemann auch die Umsiedlung der Werft vom Standort in Hamburg-Neuenfeld in das direkte Umfeld der Werft Blohm + Voss auf Steinwerder ins Gespräch. Sie gehört inzwischen zur Lürssen-Werft-Gruppe, die seit der Übernahme umfassend umstrukturiert hatte. Unter anderem mit dem Ergebnis, dass bislang genutzte Flächen für das künftige Aufgabenportfolio nicht mehr benötigt werden.
Durch eine mögliche Verlagerung von Neuenfelde auf Steinwerder könnte Pella Sietas zudem die aktuell noch gestaltungsbegrenzenden Faktoren am angestammten Standort beseitigen. Zu diesen Faktoren gehört neben den Abmessungen des Este-Sperrwerks auch die nautische Zufahrt zur Werft. Sie wird mit erheblichen Verschlickungen konfrontiert.
Die CDU in der Hamburger Bürgerschaft wertet die Nachricht über die Werft-Gespräche als „ein Alarmsignal für den Hamburger Hafen“, so Götz Wiese, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Wenn jetzt dieses traditionsreiche Unternehmen Hamburg verließe, dann steht für ihn der Schuldige fest: „Die fehlende Unterstützung durch die Wirtschaftsbehörde beim Ausbaggern des Zugangs der Werft zur Elbe.“ EHA/dpa