Havarie in der Nordsee weiterhin ungeklärt

Die „Glory Amsterdam“ mit gebrochenem Ruderblatt, Foto: Scheer
Auch fast zwei Wochen nach der Havarie der „Glory Amsterdam“ in der Nordsee sind die Ursachen des Unglücks immer noch ungeklärt.
Beobachter warten gespannt auf erste Ergebnisse der Ermittlungen. Immerhin waren vier Experten der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) vor Ort. Sie befragten nicht nur alle Beteiligten, sondern stellten auch die elektronischen Datenaufzeichnungen des Schiffs sicher. Zugleich forderten die Beamten die Einsatzprotokolle des Notschleppers „Nordic“ sowie den aufgezeichneten Funkverkehr mit der Revierzentrale des Wasser- und Schifffahrtsamts Wilhelmshaven an.
Dabei geht es vor allem um die Frage: Warum gelang es nicht, das bei keinesfalls extremen Wetterbedingungen stundenlang manövrierunfähig treibende Schiff vor der Strandung bei Langeoog zu bergen? Fachleute haben nach der Analyse von Fotos des Havariekommandos unter anderem festgestellt, dass an der hinteren Steuerbordseite die Reling des Frachters und ein Poller weggerissen war.
Nach Einschätzung von Spezialisten hätte ein Doppelpoller am Heck der „Glory Amsterdam“ mit der Rettungstrosse belegt werden müssen. Aber möglicherweise hat der 48 Jahre alte chinesische Kapitän die Anordnungen der Berger nicht verstanden. Eine Sprecherin des Havariekommandos in Cuxhaven hatte Kommunikationsprobleme mit der Crew eingeräumt (
thb.info 6. und 2. November 2017
). Die Wasserschutzpolizei ermittelt gegen den Kapitän. Es besteht der Verdacht, dass wegen der fehlenden Kooperationsbereitschaft der Schiffsführung die ersten Bergungsversuche gescheitert sind und das Schiff daher etwa zwei Kilometer vor Langeoog auf einer Sandbank gestrandet ist. Außerdem wird gegen den Chinesen wegen Gefährdung des Schiffsverkehrs ermittelt. Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes prüft auch mögliche seerechtliche Konsequenzen für die Reederei und die 22-köpfige Besatzung.
Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) geht von menschlichem Versagen aus. Der Politiker forderte: „Bei der Untersuchung der Havarie muss unter anderem auch die Ausbildung des Kapitäns und der Mannschaft überprüft werden“.
Der Frachter hatte sich am 29. Oktober wegen des Sturms „Herwart“ vor Anker liegend losgerissen. Die Bergung gelang erst am 2. November, nachdem zwei Schlepper eine Leinenverbindung zu dem Frachter herstellen konnten und das Ballastwasser abgepumpt worden war. Derzeit wird die 225 Meter lange und 26 Meter breite „Glory Amsterdam“ bei German Dry Docks in Bremerhaven repariert. Als der Bulker in Dock V trockengestellt wurde, war unter anderem das schwer beschädigte Ruderblatt gut zu erkennen. FBi