Kreuzfahrt-Kollaps trifft Werften mit Wucht

Standort der MV Werften in Rostock. Seit drei Wochen ruht hier alles, Foto: Timo Jann

Auf der Meyer Werft Papenburg droht wegen der Krise ein Jobabbau, Foto: Hero Lang
Die Krise der Kreuzfahrtschiffbranche mit weltweit knapp 400 aufgelegten Schiffen schlägt jetzt voll auf die Werften durch: „Wir müssen in allen Bereichen über Kurzarbeit, aber auch über den Abbau von Arbeitsplätzen nachdenken“, berichtet Bernhard Meyer, der Chef der Papenburger Meyer Werft, in einer Videobotschaft auf der Homepage des Unternehmens.
Meyer sieht die Firma in der größten Krise – ausgerechnet im Jahr des 225. Jubiläums. „Es werden einfach nicht mehr so viele Kreuzfahrtschiffe gebraucht“, sagte er. Weil Aufträge ausbleiben, sollen die vorhandenen Neubauten gestreckt und künftig jährlich nur zwei statt geplanter drei Schiffe gebaut werden. „Das Ausmaß ist weit schwerwiegender als bisher angenommen“, teilt Geschäftsführer Thomas Wiegand in der Botschaft mit. Er spricht von plötzlich herrschenden „massiven Überkapazitäten“ auf den Werften. 3600 Mitarbeiter beschäftigt die Werft, die seit Jahren eigentlich von einem Rekord zum nächsten jagte, selbst, Hunderte kommen bei Zulieferern hinzu.
„Der Kreuzfahrtmarkt wird immer größer und vielfältiger, und deshalb werden Spezialschiffe für jeden Marktbereich, jedes Segment im Kreuzfahrtbereich gebaut“, blickte Meyer noch im Januar in die Zukunft der Branche. Im März wurde mit der „Iona“ (337 Meter) für die britische Reederei P&O Cruises das 50. und mit einer Bruttoraumzahl von 184.700 BRZ das größte je in Papenburg gebaute Kreuzfahrtschiff Richtung Nordsee überführt. Dieses Jahr sollen eigentlich noch die „Spirit of Adventure“ (BRZ 56.850) und die „Odyssey of the Seas“ (BRZ 169.000) ausgeliefert werden.
Bis 2023 stehen neun gebuchte Neubauten in den Auftragsbüchern der Werft. Doch laut Meyer hätten einige Kunden ihm schon signalisiert, dass sie bestellte Schiffe nicht mehr benötigen würden. Da müssen man in Gesprächen Lösungen finden, so Meyer. Der Werft-Chef rechnet außerdem damit, dass es in den nächsten drei Jahren keine Neuaufträge geben wird. Die Branche werden seiner Einschätzung nach bis 2030 brauchen, um sich von dieser Krise zu erholen und den Stand von 2019 zu erreichen. Wie berichtet streitet sich der Betriebsrat mit der Geschäftsführung bereits wegen der reduzierten Arbeit. Meyer hofft, durch „viele neue Ideen“ eine Zukunftschance zu haben.
Auch die MV Werften mit ihren Standorten in Rostock, Wismar und Stralsund stecken in einer schwierigen Phase und brauchen infolge der Corona-Krise frisches Geld. Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) sprach von einem „Liquiditätsbedarf“, den er nicht näher bezifferte. „Gegenwärtig loten wir Unterstützungsmöglichkeiten mit allen Beteiligten aus“, sagte er. Es werde geprüft, wie Land, Bund und Banken die MV Werften in der aktuellen Situation unterstützen könnten. Die MV Werften haben für ihre 3100 Beschäftigten für zunächst vier Wochen noch bis zum 21. April die Arbeit eingestellt. Das hat auch Folgen für die Zulieferer, die ihre geplanten Arbeiten nach hinten verschieben müssen. Das Unternehmen äußerte sich auf Anfrage des THB nicht zu der Situation.
Die MV Werften gehören zur malaysischen Genting-Gruppe. Schwerpunkt der Arbeit an den deutschen Standorten ist der Bau von Kreuzfahrtschiffen für den asiatischen Markt. tja/dpa