Reichlich Ärger um neue Marine-Tanker

Bei der Abwicklung von wichtigen Rüstungsvorhaben zugunsten der Deutschen Marine sorgt das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) ein weiteres Mal für Negativschlagzeilen.

Nur wenige Montage nach der zum Teil harscher Kritik ausgesetzten Vergabe des 5,4-Milliarden-Euro-Auftrags für das zunächst aus vier Einheiten bestehenden 1. Loses des neuen Mehrzweckkampfschiffs (MKS 180) – es gibt Überlegungen für zwei weitere Einheiten – kommt das Verteidigungsministerium jetzt mit einem anderen Großprojekt unter Druck.

Es geht dieses Mal um den Ersatz für die beiden Betriebsstofftanker der Klasse 704 („Rhön“-Klasse). Die beiden Einheiten „Rhön“ (A 1443) und „Spessart“ (A 1442) wurden seinerzeit zunächst für die Handelsschifffahrt gebaut, um dann durch den Bund für die (damalige) Bundesmarine (heute: Deutsche Marine) erworben zu werden. Diese hatte einen kurzfristigen Bedarf. Die bis heute von einer Zivilbesatzung geführten Schiffe (Crew: 42 Mann) bedürfen aus Sicht der Marine eines dringenden Austauschs, da sie in den vergangenen Jahren nicht nur immer störanfälliger wurden, sondern weil sie auch unter operativen Gesichtspunkten nur bedingt den heutigen und künftigen Anforderungen gerecht werden. Auch das gehört zum Ausrüstungsstandard: eine Start- und Landemöglichkeit für Hubschrauber.

Das Bundesverteidigungsministerium hat zwar unlängst eine rein nationale (!) Ausschreibung für die Ersatzbeschaffung zweier sogenannter „Multi Role Transport Tanker“ (MRTT) lanciert, doch dabei offenkundig nur einen Teil der dafür in Frage kommenden deutschen Werften um Abgabe eines Angebots angesprochen. In dieser Runde nicht vertreten: die Flensburger Schiffbaugesellschaft (FSG). Ein Unternehmen, das vor wenigen Monaten aus der Insolvenz heraus im Rahmen eines großen Kraftaktes zu einem Neustart im September des Jahres befähigt wurde.

Die Tatsache, dass die FSG nicht bei dem Ausschreibungsverfahren berücksichtigt wurde, veranlasste das Werft-Management – allen voran den Werft-Investor Lars Windhorst – zu juristischen Schritten. Und für dieses Vorgehen konnten Windhorst und seine Werft jetzt einen wichtigen Teilerfolg vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) verbuchen, wie die Werft am Montag mitteilte.

Sie hatte nach eigener Darstellung am 6. Oktober des Jahres „einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Bundes in Bonn gestellt“. Diese Kammer war der Auffassung, das BMVg dürfe sehr wohl den Artikel 346 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) anwenden, weil die deutsche Werftindustrie aktuell in einer Krise stecke. Indem Großaufträge forciert national vergeben werden, könnte durch diese wiederum ein wichtiger Beitrag zur Standortsicherung deutscher Werften geleistet werden.

Die FSG hielt in ihrer „sofortigen Beschwerde“ vor dem OLG Düsseldorf diese Entscheidung jedoch für falsch. Die Richter am OLG entschieden jetzt: Dem BMVg wird einstweilen untersagt, den Auftrag an eine andere Werft zu vergeben, bis das Gericht eine abschließende Entscheidung trifft.

Bei der FSG ist man über dieses Zwischenergebnis erleichtert. Philipp Maracke, FSG-Geschäftsführer, stellte am Montag fest: „Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf, die aufschiebende Wirkung unseres Nachprüfungsantrags einstweilen zu verlängern, ist für uns von großer Bedeutung.“ Mit dem bei der Vergabekammer des Bundes eingereichten Nachprüfungsantrag wolle die Werft eine nach ihrer Überzeugung „rechtswidrige Direktvergabe unterbinden“. Maracke weiter: „Unser Ziel ist es, dass die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft als hoch spezialisierte Werft dazu beitragen kann, dass diese wichtigen Tankschiffe der Deutschen Marine bald zur Verfügung gestellt werden können.“

Tatsache ist, dass das Flensburger Traditionsunternehmen in den zurückliegenden Jahrzehnten bei einer Vielzahl von Bauvorhaben zugunsten der Deutschen Marine mit beteiligt war. So stammen zum Beispiel die drei in den 1980er-Jahren gebauten Flottendienstboote (Klasse A 423) der „Oste“-Klasse, typische Aufklärungsschiffe der Marine, ebenso von der FSG wie auch zwei der drei Einsatzgruppenversorger (EGV) der Klasse 702 („Berlin“-Klasse). Das Schluss-Schiff dieser Klasse, die „Bonn“ (A 1413), wurde hingegen im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft unter Mitwirkung der FSG gebaut.

Die Ersatzbauten für die Tanker „Rhön“ und „Spessart“, die beide Bestandteil des „Trossgeschwaders“ in Wilhelmshaven sind, unterscheiden sich nicht nur optisch von den beiden Bestandsschiffen, sondern auch im Hinblick auf ihr Leistungsvermögen. Die künftige Klasse 707 wird rund 20.000 Tonnen verdrängen (jetzt: 14.200 Tonnen). Die Schiffe sind als Doppelhüllentanker konzipiert, bis zu 20 Knoten schnell (jetzt: 15 Knoten) und kommen mit ungefähr der Hälfte der Besatzung aus. EHA

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