Streit um weitere Hilfen für MV Werften

Die MV Werften zählen rund 3200 Beschäftigte, von denen sich der Großteil seit Monaten in Kurzarbeit befindet. Etwa 1200 Stellen gelten als akut bedroht, Foto: Timo Jann

„Der Schiffbau muss in Mecklenburg-Vorpommern eine Zukunft haben“, fordert Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste, Foto: IG Metall Küste/I. Tast
Die Corona-Krise trifft den asiatischen Multikonzern Genting Hongkong (GHK) härter als erwartet – was auch die MV Werften als deren Tochter-Unternehmen noch stärker in Bedrängnis bringt.
Wie Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) am Dienstag im Schweriner Landtag mitteilte, sei der ursprüngliche, auch mit dem Bund angestrebte Rettungsplan gescheitert. Wegen mangelnder Liquidität könne Genting derzeit keine weiteren Kreuzfahrtschiffe bei seinen Werften in Wismar, Rostock und Stralsund in Auftrag geben. Damit hatte deren Bestand mittelfristig gesichert werden sollen.
Nun greife Plan B, der sich auf die Fertigstellung des Luxusschiffes „Endeavor“ in Stralsund und des Kreuzfahrtschiffes „Global 1“ in Wismar konzentriere. „Es geht darum, Zeit zu kaufen“, sagte Glawe. Nach seinen Worten wird es in Kürze weitere Gespräche mit Genting und dem Bund geben. Es gehe um Kreditbürgschaften des Bundes in Höhe von nunmehr etwa 450 Millionen Euro.
Am Morgen hatte der Finanzausschuss des Landtags in einer Sondersitzung einem Antrag der Landesregierung zugestimmt, die Werften weiterhin mit staatlichen Kreditbürgschaften über Wasser zu halten (thb.info 15. Dezember 2020). Die Abgeordneten beschlossen, kein Veto gegen die im Juni erfolgte Freigabe eines Kontos mit Sicherheitsgeldern der Werften einzulegen. Dabei geht es laut Glawe um 57 Millionen Euro. Voraussetzung sei, dass die Bundesregierung den von Genting und der Geschäftsführung der MV Werften vorgeschlagenen Plan B unterstützt, hieß es.
Die Entscheidung des Finanzausschusses löste ein geteiltes Echo aus. So erneuerte die AfD ihre Kritik am Kurs der Regierung. Fraktionschef Nikolaus Kramer äußerte die Erwartung, dass sich Genting aus dem Schiffbau in Mecklenburg-Vorpommern zurückziehe, sobald dort nicht mehr Kreuzfahrtschiffe für den Bedarf der eigenen Reedereien gebaut würden. „Das heißt, wir hauen deutsche Steuergelder raus, für ein chinesisches Unternehmen. Das kann doch nicht hinhauen“, sagte Kramer.
Dem widersprach der SPD-Abgeordnete Jochen Schulte. Die staatlichen Kreditbürgschaften kämen allein den Werften im Land zugute und dienten dem Erhalt von Industriearbeitsplätzen. Gelinge es nicht, die Werften zu erhalten, leide auch die Zulieferindustrie und versierte Fachleute wanderten ab. Die drei Werften zählten zuletzt rund 3200 Beschäftigte, von denen sich der Großteil seit Monaten in Kurzarbeit befindet. Etwa 1200 Stellen gelten als akut bedroht.
Der Sprecher für die maritime Wirtschaft der FDP-Bundestagsfraktion, Hagen Reinhold, warnte vor der Gewährung von Geld ohne positive Prognosen für den Fortbestand des Unternehmens. „Auch im Hinblick auf die Steuermittel sollte der Wirtschaftsminister jetzt auch zu seinem Wort stehen und nur mit einem positiven Gutachten weitere Hilfen ermöglichen“, erklärte Reinhold an Glawe gerichtet.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Claudia Müller äußerte sich ebenfalls kritisch: „Die Landesregierung agiert nach dem Prinzip ,Augen zu und durch!‘. Schönreden ist aber kein Erfolgsrezept.“ Müller forderte die Landesregierung auf, ihre Unterstützung „an ein verlässliches wirtschaftliches Konzept des Mutterkonzerns Genting Hongkong“ zu knüpfen. Das sei mindeste kaufmännische Verantwortung.
Der Bund der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern machte deutlich, dass er die Werftenhilfen auch mit Blick auf den absehbaren Wandel in der Kreuzfahrtbranche äußerst skeptisch sieht. „Nachhaltigkeit, Klimafreundlichkeit und sanfter Tourismus. Für den Kreuzfahrtschiffbau in Deutschland und insbesondere für die Standorte in Mecklenburg-Vorpommern sehen wir vor diesem Hintergrund kein zukunftsfähiges Konzept“, erklärte Landesgeschäftsführerin Diana Behr.
Die IG Metall Küste forderte derweil erneut, bei allen Bemühungen zur Rettung der MV Werften den Erhalt der Arbeitsplätze und Standorte in den Mittelpunkt zu stellen. Daran müsse jedes Konzept gemessen werden. „Die Sicherung und Weiterentwicklung der Standorte und Beschäftigung muss sichergestellt werden. Die finanziellen Interessen von Unternehmen, Banken sowie Bund und Land dürfen nicht allein der Maßstab sein“, sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste.
„Mit dem Stopp der weiteren Planungen für die Universal-Schiffe fehlt ein direktes Zukunftskonzept. Jetzt sind Alternativen wie Projekte für die Offshore-Windindustrie oder die Marine gefordert, mit denen Perspektiven für die Standorte entwickeln werden können“, sagte Friedrich und betonte: „Da ist das Unternehmen gegenüber den Beschäftigten in der Pflicht. Auch Bund, Land und Kommunen müssen ihren Beitrag dazu leisten.“
Vom Genting-Konzern erwarte die IG Metall Küste jetzt schnell verbindliche Zusagen, die den Weiterbetrieb und die Finanzierung der beiden verbleibenden Aufträge ermöglichen. „Der Schiffbau muss in Mecklenburg-Vorpommern eine Zukunft haben. Dafür werden wir als IG Metall Küste gemeinsam mit allen Beteiligten weiterkämpfen“, bekräftigte Friedrich. bek/lmv