„Viking Grace“ fährt jetzt auch mit Wind

Für 2800 Passagiere ausgelegt: die 218 Meter lange Kreuzfahrtfähre „Viking Grace“, Foto: Viking Ling
Die „Viking Grace“ ist jetzt mit einem Flettner-Rotor unterwegs.
24 Meter hoch ist das Rotorsegel mit einem Durchmesser von 4 Metern, das nun ganz oben auf der 2013 in Dienst gestellten Kreuzfahrtfähre sitzt. Der finnische Hersteller Norsepower fertigte die Anlage, die den Wind als Antriebskraft nutzt. Damit soll die „Viking Grace“, die bereits mit verflüssigtem Erdgas (LNG) betrieben wird, noch umweltschonender kreuzen, führte Viking Line jetzt aus. Jährlich sollen demnach rund 300 Tonnen Treibstoff gespart werden – das würde die CO2-Emissionen pro Jahr auf bis zu 900 Tonnen reduzieren, hieß es weiter. Daran will man anknüpfen, denn ein 2020 abzuliefernden 63.800-BRZ-Neubau soll ebenfalls mit Rotorsegeln ausgestattet werden.
Die Technologie der Anlage wurde bereits in den 1920er Jahren entwickelt: An den von Anton Flettner erfundenen Turbosegeln strömte Seitenwind so geschickt vorbei, dass sich auf der Vorderseite der drehenden Zylinder ein Unterdruck aufbaut. Dadurch wird das ganze Schiff vorwärts gezogen. Nicht allein Flettner war dieser neue Schiffsantrieb zu verdanken. Die technischen Grundlagen legte einige Jahre vor ihm Ludwig Prandtl, Leiter der Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen (AVA). Er experimentierte an der AVA, die das älteste Vorgängerinstitut des heutigen Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt war, mit rotierenden Zylindern, um den Auftrieb von Flugzeugtragflächen zu verbessern. Prandtl selbst, der „Vater der Strömungsforschung“, sah jedoch keine Möglichkeiten, diese Zylinder praktisch anzuwenden. Erst Flettner griff später die Idee für seinen Schiffsantrieb auf. Nach zahlreichen Windkanalversuchen der Rotoren an der AVA, lief schon 1924 die „Bückau“ mit zwei Flettnerrotoren zu Probefahrten aus und überquerte 1926 sogar den Atlantik. Doch wegen der damals günstigen und effizienteren Kohle- und aufkommenden Dieselantriebe hatte der innovative Segelantrieb das Nachsehen. Erst Anfang der 1980er Jahre ließ der französische Ozeanograph Jacques-Yves Cousteau das mit zwei Flettnerrotoren bestückte Forschungsschiff „Alycone“ bauen. Im Jahr 2010 wurde dann von der Cassens-Werft in Emden das Frachtschiff „E-Ship 1“ abgeliefert. Dort wurden unter anderem vier, 27 Meter hohe, von Enercon in Aurich entwickelte Flettner-Rotoren installiert, die nach Betreiberangaben eine Treibstoffersparnis von bis zu 25 Prozent ermöglichen.
In diesem Jahr hat Norsepower noch einen weiteren Auftrag in Arbeit, denn es soll noch einen Produktentanker der dänischen Reederei Maersk mit zwei 30 Meter hohen Rotor-Segeln ausgerüstet werden, die bisher größten Rotoren, die bislang gebaut wurden. Damit wird nach den bisherigen Berechnungen bei dem Tanker eine Treibstoffersparnis von sieben bis zehn Prozent erwartet. CE/ger