Werften weltweit wieder unter Druck

Die Rezession zieht sich hin, die Stimmung bleibt gedämpft.“ Dieses eher pessimistische Fazit über den aktuellen Schiffbaumarkt zog Dr. Martin Stopford, Präsident des maritimen Beratungsunternehmens Clarkson Research, Ende vergangener Woche im Rahmen der Vorab-Pressekonferenz zur Schiffbaumesse SMM.

„Viele Reeder befassen sich momentan mit regulatorischen Fragen zur Schwefelobergrenze, der Ballastwasser-Behandlung oder Chinas Planungen zur neuen Seidenstraße“, sagte Stopford. „Das Interesse an der Anwendung digitaler Technologien im Seeverkehr sehe ich dagegen noch in einem frühen Stadium. Allerdings rückt das Thema ‚batteriebetriebenes Design‘ zunehmend in den Fokus.“

In den vergangenen zwei Jahren sind die Schiffbauer nach Analysen seines Instituts wieder zunehmend unter die Räder gekommen, denn die Zahlen der weltweiten Werftablieferungen sind rückläufig: „Vom Spitzenwert mit 167,2 Millionen tdw aus dem Jahr 2011 sind wir bei 97,8 Millionen tdw im Jahr 2017 angekommen.“ Auf Basis des aktuellen Auftragsbestands würden die Ablieferungen in diesem Jahr sogar nur noch 79 Millionen tdw betragen.

So sei in den vergangenen drei Jahren der Auftragseingang in der Summe um 37 Prozent geschmolzen, er macht nur noch zehn Prozent der aktuellen Flotte aus“, so Stopford. Die Werften in China und Japan haben durchschnittlich noch für gut zwei Jahre Beschäftigung, in Südkorea sind es nach Recherchen Stopfords sogar nur noch 1,7 Jahre – „ein kritisches, niedriges Niveau“, mahnte der Experte. Zudem liege der Auftragseingang in diesem Jahr in allen drei Schiffbauländern nochmals unter dem Wert von 2017.

Aufgrund des niedrigen Auftragsbestands und des damit verbundenen massiven Stellenabbaus in den vergangenen drei Jahren hat Südkorea auch auf BRZ-Basis deutliche Marktanteile eingebüßt. „Für 2018 erwarten wir, dass die Ablieferungen aus Südkorea auf 7,1 Millionen BRZ sinken. Aus China kommen voraussichtlich 11,1 Millionen BRZ, aus Japan 7,3 Millionen BRZ. China wird damit seine Position als weltgrößte Schiffbaunation mit deutlichem Vorsprung konsolidieren.“

Den Hauptgrund für die abgeschmolzenen Orderbücher macht Stopford in der Unsicherheit der Investoren aus, denn der Wert der Aufträge für Neubauten war sowohl 2016 als auch 2017 der mit Abstand niedrigste des laufenden Jahrzehnts. So wurden 2016 Neubauten mit einem Wert von nur noch 37,6 Milliarden Dollar bestellt, wovon 42 Prozent auf Kreuzfahrtschiffe entfielen. „Zwar stieg der Wert der Bestellungen 2017 auf 64 Milliarden Dollar an, dennoch lag die Zahl unter der der Ablieferungen in Höhe von 79 Milliarden Dollar“, so der Analyst.

Der größte Investor im Jahr 2017 war nach Ländern die USA (15,2 Milliarden Dollar), gefolgt von Italien (8,4 Milliarden Dollar). China lag mit Aufträgen über 5,6 Milliarden Dollar an dritter Stelle.

Trotz der schwachen Auftragslage konnten die Werften ihre Schiffbaupreise in diesem Jahr bereits um fünf Prozent anheben. Den Grund dafür sieht Stopford vor allem jedoch in Wechselkursschwankungen und steigenden Stahlpreisen und nicht in einer Marktverbesserung. So werde aktuell der Neubau eines VLCC-Tankers mit 87 Millionen Dollar notiert, verglichen mit 81 Millionen Dollar noch zu Jahresbeginn. „Die größten Steigerungen erzielten jedoch Capesize-Bulker, ihre Preise stiegen seit Jahresbeginn um bis zu 6 Prozent auf 47,5 Millionen Dollar“, hat Stopford beobachtet. Die Preiserhöhungen für kleinere Schiffe bewegten sich deutlich darunter und rangierten im Bereich von einem bis drei Prozent.

„Kreuzfahrt und LNG dominierten in den vergangenen zwei Jahren die Investitionen“, so Stopford weiter. Demnach stiegen die Bestellungen für Kreuzfahrtschiffe von 9,1 Milliarden Dollar (2015) auf 19,5 Milliarden Dollar im Jahr 2017, als 31 Schiffe bestellt wurden. Weitere acht Kreuzfahrtschiffe wurden bereits im laufenden Jahr geordert.

Davon profitierten besonders europäische Werften, „ihr Marktanteil nach Wert stieg 2016 auf erstaunliche 50 Prozent, eine Situation, die wir seit Jahrzehnten nicht mehr beobachten konnten“, freute sich Stopford. 2017 lag der Marktanteil der europäischen Schiffbauunternehmen immer noch bei 34 Prozent. Sein Fazit: „Das ist für europäische Werften wahrlich ein Grund zum Feiern.“ bo

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