Yacht-Passage ohne „Stör“-Fall

Die "Tatoosh" während der Passage des Stör-Sperrwerks, Foto: Peters Werft
„Tatoosh“ hieß im 18. Jahrhundert ein berühmter Häuptling des Indianerstamms der Makah im heutigen US-Bundesstaat Washington. Ein großer Name, der inzwischen auch die Bordwand und den Heckspiegel einer 2000 gebauten Luxusyacht ziert. Die „Tatoosh“ ist nach THB-Recherchen ein Schiff, das zu den größten Yachten der Welt zählt. Mit ihren 92 Metern ist sie in den Top 100 der längsten Edel-Schiffe ihrer Art gelistet.
Für den erneuten Besuch der Peters Werft im schleswig-holsteinischen Wewelsfleth an der Stör war indes nicht nur die Länge die entscheidende Größe, sondern die Breite: Sie beträgt für die „Tatoosh“ knapp 15 Meter. Es passt also. Das zwischen 1971 bis 1975 gebaute Stör-Sperrwerk hat nämlich zwei Durchfahrtsöffnungen mit einer lichten Breite von jeweils 22 Metern. Auf unserem spektakulären Drohnen-Luftbild hat der Betrachter zunächst sehr schnell den Eindruck, als handle es sich bei der Passage um die sprichwörtliche „Millimeterarbeit“. Dabei blieben sowohl an der Steuerbord- als auch an der Backbordseite der Yacht noch gute 3,5 Meter „Luft“ zwischen Bordwand und der Beton-Sperrwerksmauer. Dennoch stellt die Passage jedes Mal, gerade für Hochglanz-lackierte Yachten wie die „Tatoosh“, ein in nautischer Hinsicht sehr anspruchsvolles Manöver dar. Die an den beiden Brückennocks, damit zugleich an den breitesten Stellen der Yacht, zum Schutz vor dem Schamfilen vorsorglich ausgebrachten Fender kamen nicht zum Einsatz. Lotse und Schiffsführung meisterten die Durchfahrt ganz ohne Schlepperhilfe souverän.
Für die „Tatoosh“ ist es übrigens nicht der erste Besuch der Werft: Schon in den Jahren 2010 und 2014 lief die Yacht (Tiefgang 4,3 Meter, Verdrängung 2300 Tonnen, Vermessung 3229 BRZ, Maschinenleistung knapp 9000 PS für 19 Knoten) die Werft an der Stör zum Refit an. In dieser Industrie gilt die übliche Praxis: höchste Diskretion. Details zum Auftrag werden nicht weiter kommuniziert. Auch der aktuelle Eigner wird nicht angegeben.
Bekannt ist lediglich, dass die „Ta-toosh“ viele Jahre dem mittlerweile verstorbenen Microsoft-Mitbegründer Paul Allen gehörte. Geordert wurde sie vom amerikanischen Mobilfunk-Manager Craig McCaw bei der Nobiskrug-Werft in Rendsburg. Bereits ein Jahr nach der Ablieferung im Juni 2000 wurde die Yacht für geschätzte 100 Millionen US-Dollar an Allen weiterverkauft.
Besonders auffällig und bei Megayachten eine absolute Ausnahme ist das Beiboot, das in den Davids an der Backbordseite hängt: Eine rund zwölf Meter lange Kohlefaser-Segelyacht mit aufgeriggtem schwarzen Mast, der weit über den Signalmast der „Tatoosh“ in den Himmel ragt. Der Segler wurde noch vor dem Festmachen an der Werft zu Wasser gelassen und fuhr dann mit eigener Kraft an die Pier.
Um Platz für die „Tatoosh“ unter dem Kran am Ausrüstungskai der Peters Werft zu schaffen, verholte die hier gerade frisch überholte Viermastbark „Peking“ an einen anderen Liegeplatz. Und so liegen noch für einige Tage zwei sehr ungleiche Schiffe in der Werft. Nämlich der für Hamburg bestimmte Museumssegler aus dem Jahr 1911 (Bauwerft: Blohm + Voss) und die „Tatoosh“. Die „Peking“ ist mit ihren 115 Metern über alles zwar deutlich länger als die Megayacht, aber sie ist einen halben Meter schmaler. bo/EHA