Arbeit wieder aufgenommen

Auf den Tag genau zwei Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Deutschlands drittgrößtem Schiffbauer ist am Donnerstag die Arbeit auf die früheren Wadan-Werften zurückgekehrt.

Der Name des Unternehmens - Nordic Yards - ist ein neuer, doch den zunächst 375 Kollegen der ersten Frühschicht in Wismar und Rostock-Warnemünde machen weiterhin alte Probleme zu schaffen. Der Beschluss zum Weiterbau zweier Großfähren für die schwedische Reederei Stena Line vor zwei Wochen hat vielen Mitarbeitern zwar wieder etwas Mut eingeflößt. Für Unmut sorgen aber die Bedingungen, zu denen der Übergang von den Transfergesellschaften zurück auf die Werften erfolgen soll - und die Tatsache, dass es immer noch keine neuen Schiffbau-Aufträge gibt.

Zum ersten «Antrittstermin» am Donnerstag erschienen um 6.00 Uhr rund 300 Schiffbauer in der großen Wismarer Werfthalle, in Warnemünde kamen nach Angaben einer Sprecherin des neuen Eigentümers Witalij Jussufow 75. «Weitere 50 sollen Montag zu Nordic Yards wechseln», kündigte sie an. Bis Ende November sei dann ein schrittweiser Beschäftigungsaufbau auf bis zu 800 Kollegen geplant, weniger als ein Drittel der ursprünglichen Wadan-Mannschaftsstärke von 2500.

«Es ist eine Schweinerei, die Not der Leute so auszunutzen», schimpft Thomas Rickers. Der Wismarer IG-Metall-Bevollmächtigte läuft mit seinem Warnemünder Kollegen Rüdiger Klein und den früheren Wadan- Betriebsräten seit Tagen Sturm gegen die neuen Arbeitsverträge. «Ich kann ja gut verstehen, dass die Menschen in ihrer Verunsicherung unterschreiben», sagt der Gewerkschafter. Es sei jedoch ein Skandal, dass der neue Eigner sich sperre, den bisherigen Flächentarifvertrag anzuerkennen: «Was da an Vertrauen zerstört wurde, ist traurig.»

Die Belegschaft atmete zunächst auf, als Insolvenzverwalter Marc Odebrecht am 16. September verkünden konnte, mit Stena sei nach monatelangem Ringen eine Einigung über den Fährenkauf gelungen. Bis Mitte 2010 sollen die weltgrößten Fracht-Passagier-Schiffe für etwa 376 Millionen Euro und damit zu einem geringen Preis als vereinbart an die Schweden ausgeliefert werden. Als Wermutstropfen empfinden die Ex-«Wadanianer» aber die Lohn- und Urlaubseinbußen sowie Arbeitszeit- Verlängerungen. Sie sind Teil von Jussufows Übernahme-Deal, solange Gespräche mit der IG Metall zur «Flächenbindung» nicht beendet sind.

Transferchef Oliver Fieber hatte die Schiffbauer in den vergangenen Wochen mit Lehrgängen und Jobbörsen fit für den Einstieg nach dem erzwungenen Ausstieg gemacht. Hunderte Stellenangebote waren als «ein erster Schritt» gedacht. Die Wismarer Betriebsrätin Ines Scheel kritisierte allerdings früh, dass Belegschaftsvertreter nicht zu den Beratungen eingeladen worden waren. Sonst seien mit Hilfe der IG Metall möglicherweise bessere Einzelverträge herausgekommen. Vor einer Woche demonstrierten deshalb mehrere hundert Schiffbauer gegen die von Jussufow durchgesetzten Lohnkürzungen um 25 Prozent.

Nordic versicherte derweil, die Verträge enthielten die Option, spätere Flächenabschlüsse nachträglich einzubauen. «Es gibt darin eine Öffnungsklausel. Wenn es eine Einigung mit der IG Metall gibt, werden die Flächenkonditionen automatisch übernommen», hieß es.

Rickers konterte mit einer Mischung aus Misstrauen und Wut: «So etwas macht mich extrem zornig. Es ist Schwachsinn, erst zu sagen, es geht ohne Tarifbindung, und danach zu sagen, es könnte auch mit gehen.» Falls Jussufows Unternehmen - wie von der Gewerkschaft gefordert - Mitglied im Arbeitgeberverband Nordmetall werde, seien mit einzelnen Kollegen geschlossene Vereinbarungen «sowieso rechtlich nichtig».

Nötigenfalls müssten Streiks oder Werftbesetzungen organisiert werden, sollte die Nordic-Spitze weiter Kurs auf einen Tarifkonflikt halten. «Diese Arroganz wird sich nicht auszahlen», drohte Rickers.

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