BSU-Bericht zu "Polarstern"-Unfall

Die «Polarstern» ist zwar längst in Richtung Osteuropa verkauft, doch der spektakuläre Unfall aus dem vergangenen Sommer ist bis heute noch Gesprächsthema an der Küste. Für die 357 Helgoland-Urlauber an Bord der «Polarstern» muss die Fahrt zurück nach Norderney am 4. August 2008 der blanke Schrecken gewesen sein. Kaum hatte der 45 Meter lange Katamaran den Schutzhafen der Felseninsel verlassen, packten meterhohe Wellen das Schiff.

Erst als die Bugreling brach, verlangsamte der Kapitän das Tempo. Trotzdem durchschlugen wenig später Metallteile die Frontscheibe des Hauptdecks. Mindestens 26 Passagiere wurden verletzt. Neben einer Analyse des Unfallgeschehens zeigt der am Mittwoch vorgelegte Bericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung auch: Es hätte noch schlimmer kommen können.

In Spitzenwerten von bis zu 5,90 Metern und im Durchschnitt zwischen 2,60 und 3,50 Metern türmten sich die Wogen rund um Helgoland auf, als die «Polarstern» den Hafen verließ. Die tatsächlichen Werte hätte der Kapitän im Hafenbüro der Insel erfahren können.

Doch der Schiffsführer fragte bei seiner Reederei nur nach den Werten einer weiter draußen und damit in ruhigeren Gewässern liegenden Boje. Das ergaben die Ermittlungen der BSU. Dass die eingeholten Werte ebenso irreführend waren wie die Prognosen der per Sprech- und Datenfunk verbreiteten Seewetterberichte, hätte der Kapitän jedoch schnell merken müssen, meinen die BSU-Experten. Denn unmittelbar nach Verlassen des Hafens geriet das Schiff auf den Untiefen vor Helgoland in schwere See.

Den Bestimmungen des sogenannten «Routenhandbuches» an Bord und der Zulassung des Germanischen Lloyds entsprechend, hätte der Katamaran den Hafen nicht verlassen dürfen. Die Dienstanweisung und das Zertifikat erlauben nur eine durchschnittliche Wellenhöhe von maximal 2,5 Metern.

Als offene Frage betrachten es die BSU-Experten zudem, ob die Zulassung des Germanischen Lloyds für den Katamaran nicht schon zu großzügig gewesen ist. Immerhin hatte der «Schiffs-TÜV» acht Jahre zuvor selbst die Fahrt des Katamarans aus dem Ursprungsland Australien nach Deutschland untersagt, weil unterwegs mit mehr als 1,75 Meter hohen Wellen zu rechnen gewesen sei.

Die Zweifel an der Eignung des Katamarans für schweres Wetter waren am Tag nach dem Unfall auf hoher See aufgekommen. Schon bei der ersten Besichtigung der «Polarstern» entdeckten die BSU-Sachverständigen große Risse im Vorschiff und weitere Schäden, die durch den schweren Seegang verursacht worden waren. Diese «lassen es nicht ausgeschlossen erscheinen, dass der Katamaran Schiffbruch erlitten hätte», wenn die Fahrt nicht wegen der gebrochenen Scheibe gebremst worden wäre.

Für die Helgoland-Urlauber der jetzt beginnenden Saison ist dieser Aspekt jedoch unerheblich. Der Katamaran wurde nach Angaben der Reederei bereits Ende Oktober 2008 verkauft. Er sei für den Helgoland-Einsatz zu unwirtschaftlich geworden, sagte eine Reederei-Sprecherin.

Teilen
Drucken

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Nach oben