Bürgerschafts-Vize ausgeladen
Affront gegen die Hamburger Bürgerschaft: Weil der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten (VHSS) die Zugehörigkeit von Parlamentsvize Wolfgang Joithe zur Linkspartei nicht passte, hat sie ihn vom traditionellen Eisbeinessen wieder ausgeladen - um danach in einem Schreiben an Parlamentspräsident Berndt Röder zu erklären, dass sie «Repräsentanten dieses Hintergrundes» auch künftig nicht bei sich sehen wolle. «Bitte unterrichten Sie den betreffenden Kollegen entsprechen», heißt es in dem Brief vom Vorsitzenden der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten, Thomas Rehder, der der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegt.
Die Hamburger Schiffsmakler veranstalten ihr Essen seit 1948, seit 1949 gibt es dabei Eisbein. Zuletzt trafen sich am 6. November im CCH rund 4500 Gäste aus rund 50 Ländern zum 61. Eisbeinessen in der Geschichte des Vereins. Traditionell werden zu solchen Ereignissen Repräsentanten der Hamburger Bürgerschaft eingeladen. So auch diesmal. Da Röder aber selbst verhindert war, erklärte sich sein Vize Joithe zu dem Termin bereit - und erhielt zunächst auch eine persönliche Einlasskarte. Obwohl in der Satzung des Schiffsmaklervereins in Artikel zwei, Absatz vier steht, «Der Verein darf sich politisch in keiner Weise betätigen», wurde ihm diese dann aber wegen seiner Parteizugehörigkeit wieder aberkannt.
Da nützte auch der Protest von Röder nichts, der sich in überraschend scharfen Worten an Rehder wandte. «Als Präsident der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg kann ich Ihre politisch begründete Absage nicht akzeptieren. Ich weise die in Ihrer Ausladung formulierten Vorwürfe gegen den Vizepräsidenten der Bürgerschaft zurück.» Joithe sei als gewählter Volksvertreter ebenso wie die Fraktion Die Linke durch freie Wahlen im Februar 2008 demokratisch legitimiert und von der Bürgerschaft als Repräsentant des gesamten Parlaments mit großer Mehrheit gewählt worden.
Rehder selbst ficht das offensichtlich wenig. Denn nach dem Eisbeinessen legte er noch einmal nach: Es ehre Röder, dass er sich für seinen Vizepräsidenten «trotz dessen zweifelhafter politischer Provenienz» einsetze, schrieb Rehder. Doch sein Amt als VHSS-Vorsitzender gebiete es ihm, «unsere Ehrengäste bei einer in der Branche international beachteten Veranstaltung» vor derartigen Menschen zu bewahren.
Aus diesem Grund werde er nicht die Teilnahme von Repräsentanten «der doppelt gewendeten Nachfolgeorganisation jener Partei zulassen, die 40 Jahre lang in einem Teil Deutschlands eine menschenverachtende Diktatur errichtet hat». Eine Partei, die sich die Organisation einer totalitären Staatspartei als Grundlage ihrer politischen Arbeit fortführt, könne auch keinen Anspruch auf hanseatische Tradition und Toleranz erheben, schrieb Rehder an Parlamentspräsident Röder.
Joithe selbst sprach von haltlosen Beschuldigungen: Er sei in West-Berlin aufgewachsen und müsse sich von VHSS-Geschäftsführer Klaus Bültjer und Rehder «wirklich nichts über die Mauer erzähen lassen». Joithes Fraktionsvorsitzende Dora Heyenn betonte mit Blick auf die angeblich «zweifelhafte politische Provenienz» Joithes, es wäre interessant zu wissen, «mit welchen Ländern Herr Rehder Handelsbeziehungen unterhält». An diesem Mittwoch wird sich noch einmal das Präsidium der Bürgerschaft mit dem Vorgang beschäftigen.