Deutlicher Ladungsrückgang im Nord-Ostsee-Kanal

Niedrige Treibstoffpreise, weniger China-Verkehr und immer noch Einbußen im Russland-Handel – erneut gibt es einen Einbruch bei der Ladungsmenge im Nord-Ostsee-Kanal. Dennoch wird der Kanal trotz des aktuellen Rückgangs bei den Passagen langfristig ausgebaut.
Deutlich weniger Ladung und weniger Schiffe: Für den Nord-Ostsee-Kanal (NOK) endete auch das Jahr 2016 mit einem deutlichen Minus. Laut Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) sind im vergangenen Jahr nur noch knapp 84 Millionen Tonnen Ladung auf der rund 100 Kilometer langen Wasserstraße durch Schleswig-Holstein transportiert worden. Das waren 7,6 Prozent weniger als noch 2015. Die Zahl der Schiffe sank von gut 32.000 auf zuletzt 29.284.
Als Grund nannte die Behörde weiterhin schwierige Rahmenbedingungen, allen voran die 2016 nochmals gesunkenen Treibstoffpreise. „Deshalb schicken viele Reeder ihre Schiffe um Skagen herum“, sagte Abteilungsleiter Jörg Heinrich. Zudem wirken sich der weltweit sinkende Güterumschlag sowie der rückläufige China-Verkehr und das Russland-Embargo negativ aus. Waren 2014 noch 3524 Schiffe von und zu russischen Häfen im Kanal unterwegs, sind es 2016 nur noch 2497 gewesen. Derzeit sieht es nicht danach aus, als würde die EU die Sanktionen gegen Russland aufheben. Ökonomen rechnen aber damit, dass der neue US-Präsident Donald Trump nach seinem Amtsantritt am 20. Januar die Sanktionen lockern könnte. Ihm wird ein gutes Verhältnis zu Russlands Präsident Wladimir Putin nachgesagt.
20.933 Schiffe passierten den Kanal 2016 im reinen Durchgangsverkehr. Das waren neun Prozent weniger als im Vorjahr. Im Teilstreckenverkehr innerhalb des Kanals nahm die Zahl dagegen leicht um 0,3 Prozent auf 8351 zu.
Weiterer Ausbau
Trotz der zuletzt negativen Entwicklung investiert der Bund als Betreiber weiter in den wirtschaftlich bedeutenden Kanal. Für insgesamt rund zwei Milliarden Euro soll der NOK bis Ende des kommenden Jahrzehnts größer werden. Entsprechende Ausbauvorhaben finden sich im neuen Bundesverkehrswegeplan 2030.
Allein im vergangenen Jahr wurden über 114 Millionen Euro in den Erhalt und die Erneuerung der Kanal-Infrastruktur investiert, wie der zuständige Leiter Wasserstraßen, Karsten Thode, sagte. In diesem Jahr werden es voraussichtlich noch einmal rund 130 Millionen Euro sein.
Es entsteht nicht nur eine fünfte Schleusenkammer in Brunsbüttel. In Kiel sind in den kommenden Jahren Ersatz-Neubauten für alle vier Schleusenkammern geplant. Kostenpunkt 440 Millionen Euro. Das Geld ist da, allein das notwendige Personal fehlt. 22 Stellen für Ingenieure sind derzeit allein für die Planung der Kieler Schleusen offen.
Verbreiterung der Oststrecke
Außerdem wird die Oststrecke verbreitert und der Kanal vertieft, damit ihn künftig Schiffe mit bis zu 10,5 Metern Tiefgang befahren können. Das ist ein Meter mehr als bislang.
„Mit den Reparaturen der großen Kanalschleusen haben wir die Voraussetzungen für die Schifffahrt geschaffen“, sagte der Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Hans-Heinrich Witte. Allerdings gelten die Schleusen als Schwachstellen, wie die jüngste Havarie in Brunsbüttel zeigt (THB 11. Januar 2017).
Für die Zukunft gab er sich optimistisch. „Sobald sich die internationalen Rahmenbedingungen verbessern, werden auch die Verkehrszahlen im Nord-Ostsee-Kanal wieder positiver ausfallen.“ Abteilungsleiter Heinrich hofft für 2017 auf „stabile Verkehrszahlen“.
Ökonomen sind hinsichtlich der Weltwirtschaft indes etwas skeptischer. Sie sehen für das laufende Jahr erhebliche Wachstumsrisiken voraus. pk