Eine Brücke in neue Welten

Kraftakt und Maßarbeit zugleich: die 36 Tonnen schwere neue Brücke über der Hamburger Speicherstadt, Foto: Miniatur Wunderland Hamburg
14 Jahre hat Frederik Braun, Gründer des Miniatur Wunderlands in der Hamburger Speicherstadt, auf diesen Moment gewartet. „Ich erinnere mich genau an den Tag, als ich an der Luke unseres Speichers stand und eher im Spaß gesagt habe, dass wir irgendwann eine Brücke bauen und auf der anderen Seite neue Welten erschaffen“, erinnerte sich Braun am frühen Mittwochmorgen. Seit heute ist dieser einst spaßige Gedanke Wirklichkeit. Eine neue Fußgängerbrücke verbindet nun die bestehenden Räume des Miniatur Wunderlands im Speicher mit den künftigen Erweiterungsflächen auf der gegenüberliegenden Fleetseite im Speicher L. Deutschlands beliebteste Sehenswürdigkeit erhält dadurch rund 3500 Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsfläche.
Zugleich hat die 25 Meter lange und 36 Tonnen schwere Brücke für Frederik Braun auch einen hohen symbolischen Wert. Das Miniatur Wunderland hatte in diesem Jahr aufgrund der Covid-19-Pandemie für rund zwei Monate schließen müssen, seit der Wiedereröffnung unter Auflagen ist die Zahl der Gäste, die sich gleichzeitig darin aufhalten dürfen, auf einen Bruchteil des früher üblichen Aufkommens begrenzt. „Für mich ist dieser Moment genau zu dieser ungewissen Zeit wahnsinnig emotional“, sagte Braun. Er „macht mich glücklich und stärkt meinen Glauben an die Zukunft“.
Die Zukunft soll nun, in den nächsten zehn bis 15 Jahren, neue und spektakuläre Abschnitte bringen, kündigte das Miniatur Wunderland an. Als Erster werde 2022 Südamerika eröffnet. Die Arbeiten an dem Modell laufen bereits auf Hochtouren – in Buenos Aires. Rio sei inzwischen fertiggestellt und soll in Kürze den Atlantik überqueren. Dann soll dieser erste Teilabschnitt im Speicher L, der derzeit noch aufwendig saniert wird, seine Heimat finden. Später sollen Modelle von Asien und Teilen Afrikas hinzukommen.
Indes verfolgte man auch bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gespannt das Einheben der Brücke. Das Immobilien-Segment der HHLA agiert bei dem Projekt als Auftraggeber und Bauherr und ist für dasManagement und die Entwicklung der Speicherstadt verantwortlich. „Das ist ein großartiger Moment“, sagte Rainer Schluff, technischer Geschäftsführer bei HHLA Immobilien. „Wenn man so lange ein solches Projekt begleitet, dann ist es etwas Besonderes, dieses Bauwerk endlich an dem Platz zu sehen, an den es gehört.“ Dabei war die Aktion bis zuletzt ein Kraftakt, deren Dimensionen auch aus der Ferne zu erkennen waren. Der für das Einheben der Fleetquerung eingesetzte 750-Tonnen-Mobilkran ragte rund 70 Meter in die Höhe, die Brücke selbst wurde über den 28 Meter hohen Speicher D gehoben und erreichte bis zu 40 Meter Höhe. Rund drei Stunden dauerte die Aktion, für die das Gebiet weiträumig abgesperrt wurde.
Obwohl letztlich alles passte, fehlte Wunderland-Gründer und Frederik Brauns Zwillingsbruder Gerrit Braun doch noch etwas: „In unseren Vorstellungen stand der Ablauf des Tages eigentlich seit Jahren fest. Wir haben uns ein riesiges Event mit Zuschauertribünen, Showprogramm, Popcorn und Tausenden Zuschauern vorgestellt. Dieses Spektakel hätten wir so gerne mit ganz Hamburg geteilt“, erklärte er. Doch dann kam das Coronavirus und durchkreuzte diese Pläne. „Umso mehr freue ich mich, in zwei Jahren (dann soll die Brücke für den Publikumsverkehr geöffnet werden, d. Red.) Besucher über die Brücke gehen zu sehen und hoffe, dass sie sich ähnlich an diesem phänomenalen Blick erfreuen können.“ ger