Eine Insel für Besatzungen aus aller Welt

Sie bringen zum Beispiel Mobilfunkkarten und aufmunternde Worte an Bord. Sie hören zu und bieten Stadtrundfahrten an. Vor allem aber sind die 20 Mitarbeiter der Seemannsmission Rostock seit einem Vierteljahrhundert im Rostocker Überseehafen Anker für Schiffsleute aus aller Welt.

Wer zum kleinen Buddha will, muss am grünen Billardtisch vorbei. Die Statue steht im Hinterraum des Seemannsclubs, dem Gebetszimmer. Neben ihr hängt an der Wand eine Ikone, bedeutsam für orthodoxe Christen. Ihr gegenüber steht ein Chanukka-Leuchter, Symbol im Judentum und zwei Schritte weiter liegt auf dem Boden ein Gebetsteppich, der gen Mekka gerichtet ist. So wird die Baracke im Rostocker Überseehafen nicht nur sozialer Treffpunkt für Seefahrer aus aller Welt, sondern gelebte Interreligiösität – auf nicht einmal 15 Quadratmetern.

„Wir gucken nicht nach dem Gesangsbuch“, sagt Seemannsdiakon Folkert Janssen, „wir laden alle Seeleute zu uns ein und wir tun dies aus einer bestimmten Motivation heraus – der christlichen.“ Janssen ist Stationsleiter der Rostocker Seemannsmission und genauso lange in seinem Amt, wie es die Seelsorge-Station gibt: seit 25 Jahren.

Damals war er mit viel Tatendrang und Improvisations talent aus Brunsbüttel in den ostdeutschen Norden gekommen. Denn am 31. Januar 1991 hatten die Rostocker Pastoren Rolf Grund und Peter Wittenburg auf Anstoß der Deutschen Seemannsmission Bremen im Turmzimmer der Nikolaikirche den Rostocker Ableger gegründet.

Heute kennt Janssen jeder im Überseehafen und natürlich auch viele der Schiffsleute, die dort für einige Stunden festmachen. Zu ihnen fahren Janssen und seine 19 Mitarbeiter Tag für Tag bei Wind und Wetter. Oft besuchen sie bis zu 15 Schiffe bei ihren Rundgängen durch den Hafen.

„Manche Schiffe kommen ein, zwei Mal im Monat, da kennt man sich und fällt sich auch mal in die Arme“, erzählt Diakonin Dorothea Flaake. Wenn sie an Bord geht, habe sie immer eine Packung Mobilfunkkarten dabei. Denn die Verbindung in die Heimat läge den Seeleute am Herzen. „Viele sind bis zu zehn Monate von ihren Familien getrennt, da wollen sie zumindest die Stimmen ihrer Lieben hören“, so Flaake.

Das Gros der Arbeit stemmen Ehrenamtliche. Egal, wo den Seeleuten der Schuh drückt, das Rostocker Team versucht immer, eine Lösung zu finden.

„Wir haben uns in den 25 Jahren im Hafen und in der Stadt ein Netzwerk aufgebaut, das wir sofort kontaktieren können: Die Vertretung der Transportarbeiter, Ärzte, die Berufsgenossenschaft, Kirchengemeinden, aber auch Schiffsmakler“, sagt Janssen.

In erster Linie sei man aber zum Zuhören an Bord, biete Ausflüge in die Stadt an oder lade zum Abschalten in den Seemannsclub ein. Wer dort nicht zum kleinen Buddha will, bleibt oft vorher an einem der zehn Computerplätze hängen. Eine Internetverbindung sei besonders wichtig für die Seeleute, um zu sehen, was während ihrer Abwesenheit in der Heimat passiert. Auf See gäbe es oft wochenlang kein Funknetz.

Janssen und sein Team überlegen derzeit, ob sie auf WLAN-Angebote umsteigen sollen, um im Trend der Zeit zu bleiben. „Dann könnten wir uns wieder auf das konzentrieren, wofür die Seemannsmission damals stand: Ausflüge in die Stadt etwa, auf ein Miteinander“, sagt Janssen und schließt die Tür zu dem kleinen Gebetsraum in der Rostocker Seemannsmission. lmv/js/bre

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