Gewalt im Indischen Ozean nimmt zu
Der Druck wächst: Im Kampf gegen die ausufernde Piraterie im Indischen Ozean nimmt die Gewalt immer mehr zu. Geiseln werden erschossen, Angreifer versenkt.
Als besonders dramatisch muss das Schicksal des entführten deutschen Frachters „Beluga Nomination" und seiner Crew bezeichnet werden. Anders als zunächst gehofft starben während der Kaperung nicht ein, sondern drei Besatzungsmitglieder. Die Bremer Reederei Beluga Shipping bestätigte am Wochenende, dass zwei Seeleute von den Piraten exekutiert wurden, als sie von einem Patrouillenboot der Seychellen unter Beschuss genommen wurden. Außerdem ertrank der Chef-Ingenieur, nachdem er über Bord gesprungen war, um zu fliehen. Zwei Crew-Mitgliedern gelang hingegen die Flucht mit einem Rettungsboot. Den sieben noch auf dem Schiff verbliebenen Seeleuten gehe es den Umständen entsprechend gut, hieß es. Die Reederei hält regelmäßigen telefonischen Kontakt zum Schiff. Die Entführer haben unterdessen erstmals seit der Kaperung vor zwei Wochen Forderungen vorgelegt. Beluga machte aber keine Angaben dazu, was sie für die Freilassung des Schiffes und der Crew verlangen.
Die internationalen Marinestreitkräfte im Indischen Ozean gehen gleichfalls zunehmend gewalttätiger vor. Die US-Kriegsschiffe „Momsen" und „Bunker Hill" verhinderten etwa die Entführung des Öltankers „Duqm". Als sie die bereits längsseits des Schiffes liegenden Piraten vertrieben und verfolgten, machten sie deren Mutterschiff ausfindig. In Übereinstimmung mit internationalem Recht habe man die leeren Skiffs im Schlepptau des Schiffes versenkt, um weiteren Angriffen vorzubeugen, teilte die US-Marine mit.
Auch Indien scheint verstärkt auf ein aggressiveres Verhalten im Kampf gegen die Seeräuber zu setzen. Wie die Marineführung in Neu Delhi am Sonntag bestätigte, lieferten sich die Sicherheitskräfte vor der zu Indien gehörenden Inselgruppe Lakshadweep ein heftiges Feuergefecht mit einer Gruppe somalischer Piraten. Dabei wurden 28 Seeräuber gefangen genommen, die auf einem vormals gekaperten thailändischen Fischtrawler unterwegs waren und ein Handelsschiff angreifen wollten. Lakshadweep liegt nur rund 300 Kilometer vor der indischen Küste. Erst vor einer Woche hatte die Marine des südasiatischen Staates im Indischen Ozean einen anderen gekaperten thailändischen Trawler versenkt und dabei 18 somalische Piraten festsetzen können.
Der Hamburger Reeder Peter Krämer schlug gestern eine verstärkte Marinekooperation zum Schutz der Seefahrt in der Region vor. Im Hamburger Abendblatt forderte er „eine konzertierte Aktion aller Marinen" und merkte an, dass dafür möglicherweise ein Hubschrauber- oder Flugzeugträger eingesetzt werden müsste.
Im Hamburger Piratenprozess hat unterdessen ein niederländischer Marine-Soldat einen mutmaßlichen Seeräuber vor Gericht wiedererkannt. Der Zeuge zeigte am Montag nach Aufforderung des Vorsitzenden auf den ältesten Angeklagten im Sitzungssaal des Landgerichts. Bei dem 49-Jährigen handele es sich um den Mann, den die niederländische Marine schon rund drei Wochen vor dem Überfall auf die „Taipan" aufgegriffen hatte. „Da bin ich mir ganz sicher", sagte der Soldat. Nach einigen Tagen war der mutmaßliche Pirat von dem Marinekommando wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Nur zwei Wochen später soll er mit neun weiteren mutmaßlichen somalischen Piraten das Containerschiff der Reederei Komrowski gekapert haben. Dafür steht er nun vor dem Hamburger Landgericht.