Hamburg – eine unentdeckte Cruise-Perle

Das jährliche Schifffahrtssymposium von Hansa Treuhand hat sich zu einer Traditionsveranstaltung in der Branche entwickelt. Zum 13. Mal begrüßte Vorstandschef Hermann Ebel in diesem Jahr Schifffahrtsexperten und Bankenvertreter im Hanse-Gate mit Hafenblick.

War es Zufall, dass ein Megatanker auf der Elbe das Hanse-Gate passierte, als Katharina Stanzel, Managing Director von Intertanko, die aktuellen Trends in der Tankschifffahrt beleuchtete? Den rund 60 Gästen des Symposiums bot sich in jedem Fall ein imposanter Anblick.

Die Vereinigung Intertanko wurde 1970 in Oslo gegründet. Mittlerweile umfasst sie 487 Mitglieder aus 42 Staaten, darunter 205 Tankerreedereien. Die Mitglieder müssen bei Intertanko ihre gesamte Flotte registrieren lassen und können nicht nur den Teil angeben, den sie einbringen wollen. Das Durchschnittsalter aller bei Intertanko registrierten Schiffe liegt bei 7,6 Jahren.

Die Anforderungen an die Marktteilnehmer beispielsweise durch neue Umweltauflagen erweitern sich stetig, führte Stanzel aus. Für die Branche sei es schwierig, nicht genau zu wissen, wann der Schwefelgehalt der Emissionen weltweit auf 0,5 Prozent sinkt. Das kann 2020 der Fall sein, vielleicht aber auch 2025. Derzeit könne die Industrie in jedem Fall nicht liefern. Deshalb sei es wichtig, möglichst schnell einen festen Termin zu haben, um sich darauf einstellen zu können. „Wir müssen lauter sein“, so Stanzel.

Tankerunfälle seien seit den 70er Jahren von durchschnittlich rund 25 Unfällen mit Ölaustritt auf derzeit weniger als zwei Unfälle pro Jahr zurückgegangen. Grundsätzlich habe sich das Umweltbewusstsein der Branche komplett geändert. Nicht nur die Technik, auch das Personal müsse heute erheblich höhere Anforderungen erfüllen. Regelmäßige Fortbildungen, Trainings und Simulationen stünden auf der Tagesordnung, um in brenzligen Situationen richtig zu reagieren.

Die Branche habe erhebliche Anstrengungen zur Reduktion von Emissionen unternommen. Mehr als 90 Prozent eines verschrotteten Tankers würden heute recycelt, in der Luftfahrtbranche seien es nur 70 Prozent. Der aktuell niedrige Ölpreis habe allerdings die Lebensdauer einiger älterer Tanker verlängert und auch weniger ökonomisch fahrende „alte Krücken“ wieder in den Markt gebracht.

Treibstoffkosten machen rund 65 Prozent der gesamten Betriebskosten der Tankschiffe aus. Die ließen sich bereits senken, wenn sich die Tanker mit den Terminals absprechen, führte Stanzel aus. Ist ein Terminal beispielsweise noch belegt, kann das anlaufende Schiff langsamer fahren, um Zeit zu überbrücken und Treibstoff zu sparen. Die dadurch gewonnenen Spareffekte könnten dann beide Seiten für sich nutzen. Außerdem sollte Branche und Regulierer besser zusammenarbeiten.

Die Ölgesellschaften behaupten, sie zahlen für Qualität mehr, aber das stimmt nicht, betonte Stanzel. Vielmehr schauten die Konzerne auf die Kosten und wählten die für sie günstigste Alternative. Ein Ziel von Intertanko: Die Vereinigung soll kommerzieller werden. So ließe sich ein Ranking der Charterer bilden, aus dem die Intertanko-Mitglieder ersehen können, welche Charterer zuverlässig sind und welche nicht, etwa beim Begleichen vom Rechnungen.

Sacha Rougier, seit einem halben Jahr Geschäftsführerin von Cruise Gate, einem Joint Venture zwischen der Hamburg Port Authority und dem Flughafen Hamburg, sprach über die Potenziale Hamburgs als Standort für Kreuzschifffahrt. Hamburg ist eine unentdeckte Perle befindet Rougier. An ihrer früheren Wirkungsstätte, dem Hafen von Marseille, hatte sich das Passagieraufkommen von 600.000 auf 1,2 Millionen verdoppelt. Ob Ähnliches auch in der Hansestadt gelingen kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zwar habe Hamburg ein glänzendes Ranking bei seinen Gästen, liege auf einer Skala von 1 bis 10 bei 9,4, Marseille dagegen nur bei 7. Die Elbmetropole sei aber beispielsweise in den USA kaum bekannt, „da reden viele nur von Berlin, wenn sie an Deutschland denken“.

Auch bei den Vermarktungschancen Hamburgs sieht Rougier Einschränkungen. Die Anfahrt über die Elbe sei mit bis zu acht Stunden für Reeder unattraktiv: „Die Reeder verlieren dadurch eine Destination, an der sie Geld verdienen könnten.“ Ein weiteres Manko sieht Rougier darin, dass Spielkasinos an Bord aus rechtlichen Gründen schließen müssen, sobald sie deutsche Gewässer befahren. Das schrecke insbesondere asiatische Reisende ab. Um mehr Gäste aus Übersee anzuziehen, seien zudem direkte Flugverbindungen wünschenswert. Da dies kaum zu realisieren ist, erwägt Rougier, Gäste bereits direkt in Frankfurt zu betreuen, beispielsweise durch die Einrichtung einer Cruise Lounge am Frankfurter Flughafen.

Die Kreuzfahrt wächst derzeit weltweit um 30 Prozent, steckt mit 23 Millionen Passagieren pro Jahr aber noch in den Kinderschuhen, so Rougier. Vor zehn Jahren lag Europas Anteil bei 21 Prozent, heute immerhin bei 30 Prozent. 1,7 Millionen Passagiere weltweit kommen aus Deutschland. Beim Bau von Kreuzfahrtschiffen dominieren die europäischen Werften. Die Schiffe werden größer, mit mittlerweile mehr 6000 Passagieren.

Abschließend gab Bundestagsmitglied Rüdiger Kruse, Beauftragter für die Maritime Wirtschaft der CDU/CSU-Fraktion, einen Ausblick auf die Nationale Maritime Konferenz am 19. und 20. Oktober in Bremerhaven. Die zentrale Botschaft an die Branche: Der Bund ist bereit, die Reedereien in Deutschland stärker zu unterstützen. „Wir wollen alles, was nach EU-Recht möglich ist“, so Kruse. Haushaltstechnisch sei vieles möglich, wenn die Steuereinnahmen steigen. Genau das sei derzeit der Fall.

Die Branchenforen im Vorfeld der Nationalen Maritimen Konferenz hätten aber auch gezeigt: „Nur mit Vorträgen und guter Laune kommen wir nicht voran“, so Kruse. Das Ziel, Deutschland als Schifffahrtsnation zu erhalten, sei damit verbunden, Schiffe unter eigener Flagge zu fahren, eigene Ausbildung zu fördern und dadurch eigene Kompetenz zu erhalten und auszubauen. Die Wertschöpfung in der Schifffahrt sei mindestens so hoch wie in der Automobilindustrie, das gelte es zu erhalten. Die maritime Wirtschaft sei eine zentrale Säule für die Export- und Industrienation Deutschland, deren Konkurrenzfähigkeit gestärkt werden müsse. Das umfasse nicht nur die Anforderungen an die deutsche Flagge. Insbesondere in der Forschung und Entwicklung bestünden erhebliche Potenziale für die Branche, die genutzt werden müssten. fab

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