Heute Entscheidung über Piraten
In Holland könnte sich am heutigen Freitag (4. Juni) entscheiden, ob es rund 600 Jahre nach dem legendären Störtebeker-Prozess in Hamburg erneut ein Seeräuber-Verfahren geben wird. Das Amtsgericht in Amsterdam will über Beschwerden gegen die Auslieferung von zehn mutmaßlichen somalischen Piraten an Deutschland befinden. Ihnen wird vorgeworfen, 500 Seemeilen vor der Küste Somalias das deutsche Containerschiff «Taipan» gekapert zu haben, um Lösegeld zu erpressen.
Niederländische Marinesoldaten hatten das Schiff am Ostermontag (5. April) gestürmt und die mutmaßlichen Seeräuber in einem kurzen Gefecht überwältigt. Nachdem die Hamburger Staatsanwaltschaft wenig später ihre Auslieferung beantragte, wurden sie in die Niederlande geflogen, um von dort nach Deutschland gebracht zu werden. In Amsterdam legten die Somalier jedoch auf Anraten ihrer Pflichtanwälte Widerspruch gegen die Auslieferung ein. Die Verteidiger streben ein Verfahren vor einem niederländischen Gericht an.
Als ein Argument machten sie geltend, die «Taipan» sei womöglich unter der Flagge der Bahamas oder Liberias gefahren. Die Hamburger Reederei Komrowski erklärte demgegenüber, das Schiff sei eindeutig unter deutscher Flagge unterwegs gewesen. Die Anwälte betonten auch, zuständig für ein Verfahren sei die niederländische Justiz. Als Grund nannten sie, dass die Somalier von niederländischen Marineoffizieren bereits inhaltlich zum Tatvorwurf verhört worden seien. Damit hätten die Niederlande das Verfahren praktisch bereits eröffnet und könnten die Verdächtigen nicht mehr an ein anderes Land ausliefern.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft äußerte sich am Donnerstag zuversichtlich, den mutmaßlichen Piraten den Prozess machen zu können. Allerdings sei eine Auslieferungsentscheidung durch das Gericht in Amsterdam noch anfechtbar, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Wilhelm Möllers. «Wir können nicht sagen, wann die mutmaßlichen Piraten nach Hamburg kommen würden.»
In Falle einer Auslieferung würden sie zunächst in Hamburg in Untersuchungshaft genommen werden. Bis zum Prozessbeginn würden dann wohl «ein paar Monate vergehen». Bislang sei unklar, was die Somalier in Hamburg vor Gericht vortragen würden. Ihre Verteidigung müssten voraussichtlich vom Gericht zu bestellende Pflichtanwälte übernehmen.
Bei einer Verurteilung in Hamburg drohen den Somaliern bis zu 15 Jahre Haft. Die Beweislage ist nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft eindeutig, da die Männer auf dem bereits von ihnen gekaperten Schiff überwältigt worden seien. Zudem seien zahlreiche Waffen beschlagnahmt worden, darunter fünf Maschinenpistolen samt Munition, ein Granatwerfer sowie Enterhaken.