Jedes Modell ein Stück Seefahrt

Kapitän Hans Mehl ist felsenfest überzeugt: «Wir werden fertig.» Bis zur Eröffnung des Internationalen Maritimen Museums Hamburg am 25. Juni mit Bundespräsident Horst Köhler bleibt noch jede Menge Arbeit. Mit geradezu pedantischer Akribie stellt Mehl kleine Schiffsmodelle im Maßstab 1:1250 auf meterlange Glasböden der Vitrinen. «Die Leute werden das große Staunen kriegen, das wird sehr schön», sagt der dienstälteste Mitarbeiter der Stiftung Peter Tamm sen. voller Vorfreude und verabschiedet sich gut gelaunt in eine kurze Kaffeepause.
«Schifffahrtsgeschichte ist Menschheitsgeschichte», betont der ehemalige Verlagschef Peter Tamm, der mit seiner riesigen Sammlung von Schiffsmodellen, Instrumenten, Karten, Uniformen, Gemälden und einer umfangreichen Bibliothek das Museum ausstattet. Der fast 80-Jährige weiß zu jedem einzelnen Stück Geschichte und Geschichten zu erzählen. Hier die Uniform des letzten Marinechefs der DDR. «Die hat er mir persönlich geschenkt». Dort ein Gemälde der tosenden See. «Das schönste Meeresbild überhaupt.» Tamm ist ein wandelndes Lexikon, hat Jahreszahlen, Namen, geografische Fakten und jede Menge geschichtliche Ereignisse im Kopf, bei denen ein Stück Seefahrtsgeschichte auch das Geschick der Menschheit beeinflusst hat.
Gemeinsam mit der Kunsthistorikerin und Geschäftsführerin der Stiftung, Russalka Nikolov, kann sich Tamm, der seine berufliche Laufbahn als Schifffahrtsredakteur beim «Hamburger Abendblatt» begonnen hat, über die wunderbare Architektur des historischen Kaispeichers freuen, in dem sie nun das Museum einrichten. «Der Speicher hat Charakter», sagt der 79-Jährige. Aber zwischen Gebäude und Inhalt bestehe eine Art Konkurrenz. Immer wieder müsse man umdenken, immer wieder setze das Gebäude eigene Akzente und Grenzen. «Die niedrigen Decken», sagt Nikolov und blickt zu der Konstruktion aus massiven Holzbalken. Großformatige Gemälde haben deswegen nur im Treppenhaus Platz.
Die Stadt hat den 130 Jahre alten Getreide- und Teespeicher, ein Glanzstück Hamburger Backsteingotik inmitten der modernen Hafencity, für 30 Millionen Euro grundlegend sanieren lassen. Viele der insgesamt zehn Stockwerke mit zusammen rund 15 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche vermitteln dem Besucher den Eindruck, auf einem Schiffsdeck zu stehen. Aus den Fenstern geht der Blick durch dicke Mauern auf den Hamburger Hafen mit seinen zahlreichen maritimen Zeugnissen, wie den Museumsschuppen mit dem Frachter «Bleichen» und den Traditionsschiffen «Cap San Diego» und «Rickmer Rickmers». Das neue Haus soll für Besucher der Hansestadt zum Mittelpunkt des maritimen Angebots werden.
Auch Wissenschaftler können Nutzen aus dem Haus ziehen. Die Bibliothek umfasst 120 000 Bände. 50 000 Schiffsbaupläne liegen zur Einsicht bereit. «Wir haben hunderte noch unbearbeitete Nachlässe im Keller», sagt Tamm. Darüber könne manche Doktorarbeit geschrieben werden. Nikolov betont die bereits bestehende Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Universitäten. Forscher sollen in dem neuen Haus willkommen sein.
Früher gab es immer wieder Kritik an der angeblich unreflektierten Militärlastigkeit der Sammlung Tamm. Die umfangreiche Ausstellung von Kriegsschiffen aus allen Epochen sowie Handfeuerwaffen und Uniformen beschränkt sich wesentlich auf eine Etage und ist in das Museumskonzept eingebunden. «Zur Geschichte der Seefahrt gehört auch der Krieg», betont Tamm. «Soll man das ausblenden?» Nikolov lädt alle, die eine kritische Meinung haben, ein, das Museum anzusehen. Mancher habe seine Ansicht nach einem Besuch der Sammlung geändert.
Bis zum 25. Juni bleibt viel Arbeit. Noch schleppen Arbeiter einer spezialisierten Umzugsfirma Kartons und Kisten in das Haus, noch werden Vitrinen geputzt und gefüllt, werden Lampen montiert und Lichtakzente gesetzt. Doch wenn Bundespräsident Horst Köhler und Bürgermeister Ole von Beust am 25. Juni zur feierlichen Eröffnung kommen, soll nichts mehr an die Monate der Vorbereitungen erinnern.
«Hamburg hat ein neues Seezeichen», heißt es dann nicht nur auf den Werbeplakaten. Einen Tag später öffnet das Museum seine Türen für das Publikum und am 28. und 29. Juni wird es ein großes Familienfest geben, damit Hamburger und Besucher der Stadt das Internationale Maritime Museum gleich richtig in ihr Herz schließen können.

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