Jussufow: "Zeitnahe" Aufträge möglich
Langersehnte Aufträge für die insolventen Nordic-Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde sind nach Einschätzung des neuen Eigentümers Witalij Jussufow zum Greifen nahe.
«Ich denke, dass wir gute Chancen haben, in naher Zukunft einen Abschluss zu erzielen», sagte Jussufow am Montag der Online-Ausgabe des «Handelsblatts». Er rechne kurzfristig mit Bestellungen bei den früheren Wadan-Werften. «Wir sind in drei Prozessen auf der Shortlist mit jeweils einigen anderen Unternehmen neben uns», erklärte der Sohn des ehemaligen russischen Energieministers. Jussufow hatte den drittgrößten deutschen Schiffbauer Anfang August übernommen.
Ein Konsortium um den 29-Jährigen hatte für 40,5 Millionen Euro die Standorte in Wismar und Rostock-Warnemünde gekauft. Unter dem Namen Nordic Yards wollen die Investoren die größte Werftengruppe Mecklenburg-Vorpommerns mit dem Bau von Spezialschiffen in ruhigeres Gewässer zurückführen. Wadan hatte seinen letzten Auftragseingang im Februar 2008 verbucht und war infolge drastischer Überkapazitäten im Containerschiffbau in den Strudel der Wirtschaftskrise geraten.
Vor allem der russische Markt bietet laut Jussufow Chancen für Nordic. «Wir haben ein Wettrennen beim Erschließen der arktischen Öl- und Gasfelder. Mir ist bewusst, dass die nötige Flotte in Russland nicht vorhanden ist», sagte er «Handelsblatt.com». Sein Einstieg bei den Werften biete eine gute Gelegenheit, «diese Lücke zu füllen».
Derweil gibt es im seit Wochen schwelenden Tarifkonflikt mit der Führung der Nordic-Werften nach Angaben der IG Metall erste Zeichen einer Annäherung. Die schwierigen Sondierungsgespräche mit dem neuen Eigentümer-Konsortium der seit Juni insolventen Wadan-Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde kämen voran, sagte Verhandlungsführer Daniel Friedrich gestern in Hamburg. «Wir sind ein großes Stück aufeinander zugegangen.» Bis Ende November werde eine Lösung angestrebt, die den Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie respektiere. Die Gewerkschaft pocht auf ein Festhalten an der Tarifbindung bei Nordic.
Bei Protesten vor den Werfttoren hatten Hunderte Beschäftigte des drittgrößten deutschen Schiffbauers im September den neuen russischen Eigner Witali Jussufow aufgefordert, auf Gehaltskürzungen um bis zu 25 Prozent sowie Arbeitszeit-Verlängerungen zu verzichten. Inzwischen hat Nordic mit rund 1000 Ex-Wadan-Mitarbeitern außertarifliche Einzelverträge geschlossen, die nach Darstellung der Firmenleitung jedoch die Möglichkeit einer nachträglichen Tarifbindung bieten. Aus der IG Metall hieß es, die Verhandlungen orientierten sich «an der aktuellen Situation des Unternehmens. Beiden Seiten ist klar, dass die Zukunft der Werft nur gemeinsam gesichert werden kann.»
Der Wadan-Gläubigerausschuss wurde am Dienstag über die derzeitige Höhe der offenen Forderungen informiert. Laut Insolvenzverwaltung war eine abschließende Einschätzung allerdings noch nicht möglich, die Vorlage des Berichts sei ein «interner Routinetermin gegenüber dem zuständigen Amtsgericht» in Schwerin. Diskutiert werde die Frage, ob die von Bund und Land finanzierten Transfergesellschaften über das Jahresende hinaus verlängert werden. In ihnen waren seit Beginn des Insolvenzverfahrens im August rund 2500 Schiffbauer untergekommen.