Letzter Stapellauf bei Nordseewerken

Bei den Nordseewerken in Emden läuft heute das vorerst letzte Schiff vom Stapel.

Normalerweise ist ein Stapellauf ein Festtag. Doch nach einem dramatischen Jahr 2009 verabschiedet sich die Traditionswerft mit der Ablieferung des 228 Meter langen Containerfrachters „Frisia Cottbus" nach 106 Jahren endgültig vom Handelsschiffbau. „Da kommt Wehmut auf", sagt Erwin Heinks vom Betriebsrat.

Der Werftenverbund ThyssenKrupp hat die Nordseewerke zum Januar 2010 an den Windanlagenhersteller SIAG Schaaf Industrie AG verkauft. SIAG will dort Teile für Offshore-Windkraftanlagen herstellen. Die Fertigung von Schiffen soll damit in Emden nach und nach auslaufen. Von 1250 Werftarbeitern wechseln gut 700 zu SIAG, andere gehen vorzeitig. Nur ein kleiner Rest bleibt im Reparatur- und Ingenieurbereich von ThyssenKrupp.

Rund 550 Schiffe haben die Nordseewerker seit 1905 gebaut oder repariert. Der 1967 errichtete 70 Meter hohe Bockkran ist das maritime Wahrzeichen der Seehafenstadt. Er symbolisiert die enorme Verbundenheit der 50 000-Einwohner-Stadt und der Region Ostfriesland mit der Werft. „Wir haben alles gebaut, was schwimmen kann", erinnert sich Mitarbeiter Klaas Everwien. Fischkutter, Eisbrecher, U-Boote, Fregatten, Gastanker, Containerschiffe und den größten Saugbagger der Welt.

„Der Rückblick tut schon weh", sagt der 62-jährige Fritz Niemeier, der vor kurzem nach 46 Jahren die Werft verließ. 18 Jahre davon war er Betriebsratschef. Mehr als 5000 Kollegen zählte er noch in den 60er Jahren in Emden. „1975 gab es im Westen rund 72 000 Werftarbeiter, heute sind es in Ost und West nur knapp 18 000."

Neben Dumpinglöhnen auf Werften in Fernost sieht Niemeier die globale Finanzkrise als Ursache für die Misere. Helfen könne der Staat und auch die EU. „Mit Abwrackprämien für alte Schiffe ließe sich auch aus Klimagründen ein Programm für umweltfreundliche Schiffe auflegen." „Stattdessen werden marode Schiffe in gefährlicher Kinderarbeit in Indien ausgeschlachtet", so Niemeier.

Niemeier und sein Nachfolger Heinks setzen große Hoffnung auf SIAG-Chef Rüdiger Schaaf, der Tariflöhne zahlen und sich zum wichtigsten Zulieferer der Offshore-Branche entwickeln will. Im „Zukunftsvertrag" mit ThyssenKrupp wurde zudem erstritten, dass nach einem Jahr neu über die Auftragsvergabe im Werftenverbund mit Standorten in Kiel und Hamburg nachgedacht wird, etwa bei Marineschiffen wie Fregatten, Versorgern und U-Booten. „Mit intelligenten Modellen braucht der Schiffbau auf dieser rundum intakten Werft nicht am Ende zu sein", meint Niemeier. Denkbar seien etwa Errichterschiffe für die neuen Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee.

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