Mehr Abwechslung zum Alltag an Bord

Viele Seeleute sind Monate ununterbrochen auf den Weltmeeren unterwegs. Für sie bieten Seemannsmissionen in den Häfen ein wenig Abwechslung.

Bundesweit existieren 16 dieser Einrichtungen, zwei davon in Mecklenburg-Vorpommern. Peter Leukroth leitet durch die Einrichtung der Seemannsmission Sassnitz, die von Ehrenamtlichen getragen wird. Er und sein Team wollen den Schiffsbesatzungen etwas Wohlfühlatmosphäre bieten. Denn im Hafen von Mukran auf Rügen gäbe es sonst nichts. Wer mehrere Monate diese Enge und Eintönigkeit auf dem Schiff verkraften muss, der braucht dringend Abwechslung, erklärt Leukroth.

Er selbst sei viele Jahre über die Meere gefahren. Nach Äthiopien zu DDR-Zeiten, später dann auf Fährschiffen und Frachtern. Heute vertritt der 60-Jährige als Betriebsratsvorsitzender die deutsche Belegschaft der schwedischen Reederei Stena Line. Das Berufsbild hat sich gewandelt, sagt er. Vieles sei automatisiert, also bräuchte man immer weniger Personal.

Auch im kleinen Hafen Mukran machen Schiffe mit internationaler Besatzung fest. Der Umschlag ist binnen Jahresfrist um 55 Prozent gestiegen. Mehrere Offshore-Firmen, die Bauteile und Wartungsteams für Windkraftanlagen über die Ostsee transportieren, haben sich dort angesiedelt.

Dieser unverhoffte Aufschwung im Fährhafen führte dazu, dass die Seemannsmission von Vereinsmitgliedern wiederbelebt wurde. Unsere Besucher kommen aus der ganzen Welt, erzählt Leukroth mit Begeisterung. Neulich habe er den ganzen Abend mit Chinesen an der Tischtennisplatte gestanden. So viel Internationalität fände man sonst selten auf Rügen.

Im Gästebuch haben sich einige Seeleute verewigt, 4400 von ihnen wurden seit September 2016 in den Clubräumen empfangen. „Tausend Dank, dass ihr uns vor den langweiligen Abenden auf dem Schiff gerettet habt“, schreibt ein Filipino. Ein anderer hat einen Delfin gezeichnet, der neben einem Frachter eintaucht. Wenn die Leute reden wollen, dann haben wir ein offenes Ohr, sagt Leukroth.

Mittlerweile haben jedoch immer weniger Besatzungen die Gelegenheit, an Land gehen zu können. Die Kapitäne erlauben es nicht. Hinzu kommt, dass ohne Visa auch keine Touren außerhalb der Hafenstadt möglich sind. Leukroth zeigt manchen Crews dennoch die schönen Ecken seiner Insel. Oft reicht schon eine blühende Wiese. Die Natur fehlt jedem Seemann irgendwann, fügt er hinzu.

Ähnliche Erfahrungen macht auch Folkert Janssen, Leiter der Seemannsmission Rostock. Schon seit 1991 existiert im Überseehafen der Club „Hollfast“, ein plattdeutsches Wort für Stütze. Der Landgang wird von den Kapitänen zunehmend erschwert, meist unter fadenscheinigen Gründen, sagt der Diakon. Daher gehen die fünf Mitarbeiter häufig an Bord, um mit Seeleuten zu sprechen.

Die Zeit der Seelenverkäufer ist zwar längst vorbei, aber nicht immer werden die international geltenden Mindeststandards eingehalten, meint Janssen. Die Seeleute müssten eine Sieben-Tage-Woche, viel Zeitdruck und wenig Privatsphäre verkraften.

Auf den Ozeanriesen arbeiten vielfach Menschen unterschiedlicher Religionen auf engstem Raum zusammen.

5000 bis 6000 Besucher werden im Hollfast jährlich registriert, weit weniger als im Hamburger Seemannsclub „Duckdalben“, wo 2017 mehr als 33.000 Gäste aus 100 Ländern gezählt wurden. Allerdings zeigt sich Janssen mit den finanziellen Möglichkeiten zufrieden. Die Hansestadt Rostock trage einen Großteil des Budgets, aber auch Reeder, Berufsgenossenschaft und Nordkirche seien beteiligt.

Die Arbeit ändert sich jedoch auch bei ihm. Briefkasten und Festnetztelefone haben ausgedient, dafür steigt die Datenrate, wenn per Skype mit Angehörigen und Freunden auf dem ganzen Globus kommuniziert wird.

Dadurch gibt es weniger Heimweh, aber die Sorgen der Seeleute haben eher zugenommen, lautet das Fazit von Janssen. mv/sva

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