Neue Verkehrsstudie für Hamburgs Hafen und das Hinterland

Die prognostizierten Wachstumsraten des Containerumschlags von jährlich rund neun Prozent können bewältigt werden, wenn sie durch eine Reihe von kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen flankiert werden. Das ist das wichtigste Ergebnis einer am Mittwoch vom Industrieverband Hamburg (IVH) vorgelegten Studie zur Verkehrsflussoptimierung von LKW im Hamburger Hafen. Hamburgs Industrie und Politik müssen gemeinsam die Infrastruktur und die Verkehrssteuerung verbessern, damit die Hafenhinterlandverkehre nicht zum Flaschenhals für das Wachstum des Jobmotors Hafen werden. Deshalb weisen wir nicht nur frühzeitig auf Probleme hin, sondern sagen auch, wie sie gelöst werden sollten?, erklärte IVH-Vorsitzender Karl Gernandt. Dr. Stefan Behn, Mitglied des Vorstands der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), ergänzte: Hafenumschlag ist ein Kernbestandteil der Logistik in Hamburg. Wir investieren bei der HHLA in den Ausbau unserer Kapazitäten für die Lkw-Abfertigung, um unseren Teil der Logistikkette schnell und belastbar zu machen. Wenn neben den Container-Terminals auch die übrige Straßeninfrastruktur ausgebaut wird, kommt das dem Standort deutlich zugute.? Michael Westhagemann, Siemens AG, Vorsitzender der Geschäftsleitung Region Hanse stellte fest: Das rasante Wachstum des Hamburger Hafens erfordert ein modernes, leistungsstarkes Verkehrsmanagementsystem für die ständig zunehmenden Hafenhinterlandverkehre. Durch den koordinierten Einsatz modernster Technik wäre Hamburg in der Lage, trotz steigender Transportzahlen den Verkehrsfluss im Hafen zu verbessern. Ohne integriertes Verkehrsmanagementsystem wird der Hinterlandverkehr zum Flaschenhals des Umschlagswachstums. Aktuelle Umschlagprognosen erwarten für Europas zweitgrößten Hafen eine Verdoppelung des Hafenumschlagsvolumens bis 2015 auf etwa 222 Millionen Tonnen. Der Containerumschlag werde danach über 13 Millionen TEU in 2010 auf 18 Millionen TEU in 2015 ansteigen. Die Hansestadt hat daher ein Investitionsprogramm in Höhe mehrere hundert Millionen Euro beschlossen, um die Kapazitäten der Container-Kais entsprechend auszubauen. 2004 sind rund 3,2 Millionen TEU der umgeschlagenen sieben Millionen TEU auf der Straße durch 1,7 Millionen Lkw, also etwa 6.600 Lkw pro Tag, transportiert worden. Laut IVH ist bereits 2010 mit mehr als 12.000 Lkw täglich zu rechnen. Das bedeute eine erhebliche Belastung der Autobahnen, der Zufahrtswege sowie im Hafen. Neben der absoluten Zunahme des Schwerlastverkehrs sei auch mit dem verstärkten Auftreten von Verkehrsspitzen (Überschreitung der Leistungsfähigkeit) zu rechnen. Ursache hierfür sei die gestiegene Kapazität von Containerschiffen die nach 8.700 TEU in 1997 künftig etwa 10.000-TEU erreichen werde. Dieses werde ohne infrastrukturelle und technische Anpassungen zu einer deutlichen Belastung auch der Innenstadtstraßen durch den Hafenverkehr führen, so die Studie. Danach beginne die Optimierung des Verkehrsflusses schon am Containerterminal selbst. Durch ID-Cards oder Er-fassungssysteme für Containernummern und Kennzeichen ließen sich die Abfertigungszeiten deutlich verkürzen. Dabei seien die täglichen Schwankungen im Containeraufkommen besonders zu berücksichtigen, um durch eine beschleunigte Abfertigung an den Terminals die Verkehrssituation zu den Stoßzeiten nicht weiter zu verschärfen. Die IVH-Studie schlägt vor, dieses Problem mittelfristig durch ein Melde- und Verabredungssystem für Transporte zu lösen. So könnten den Lkw Zeitfenster für ihren Transportvorgang zugeteilt und gleichzeitig mittels einer Auslastungsprognose die Speditionen und Fahrer über zu erwartende Abfertigungszeiten informiert werden. Grundsätzlich müssen die Abfertigung an den Terminals und die Verkehrssteue-rung im Hafen miteinander verzahnt werden. Durch moderne lokale Verkehrsab-hängigkeiten auf Basis aktueller, durch Detektoren ermittelter Verkehrsdaten, lassen sich auch bei der Anpassung der 38 Lichtsignalanlagen im Hafen erhebliche Effizienzgewinne durch eine Anpassung der Schaltungen an die tatsächlichen Verkehrsströme erzielen. Hierbei ist diese Steuerung über den Verkehrsrechner am Veddeler Damm auch in ein übergeordnetes Verkehrsmanagementsystem der Stadt Hamburg einzubeziehen, um Verkehrsbehinderungen durch Quellen außerhalb des Hafens zu berücksichtigen. Der IVH empfiehlt auch eine generelle Verbesserung der Hamburger Verkehrsinformationssysteme über die jeweilige Situation auf den Autobahnen und im Hafen. Ziel sei es, mittelfristig die vorhandenen Systeme um eine dynamische Komponente zu ergänzen. Die Bereitstellung aktueller Informationen und Prognosen für Fahrer, Disponenten und Speditionen solle möglichst frühzeitig erfolgen, um eine Reaktion auf die Verkehrsentwicklung noch zu ermöglichen. Dies sollte durch dynamische Anzeigentafeln an den BAB deutlich vor Hamburg und die direkte Datenübermittlung an die angemeldeten Speditionen erfolgen. Langfristig seien diese Komponenten aus Sicht des IVH in ein integriertes Verkehrsinformations- und Steuerungssystem Hafen Hamburg (VISS) einzubinden. Ein solches System sei weitestgehend automatisiert bezüglich der Datensammlung, der zielgruppenspezifischen Informationsweiterleitung und der Verkehrssteuerung. VISS ermögliche eine räumliche und zeitliche Entzerrung des Verkehrsaufkommens mit der Folge sinkender Transportzeiten, positiver Umwelteffekte und einer deutlichen Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Hafens. Ein erfolgreich implementiertes VISS hätte Modellcharakter für gesamtstädtische Systeme in Hamburg wie in anderen Wirtschaftsräumen. Die skizzierten konzeptionellen Vorschläge bedeuteten im Vergleich zu den benötigten Infrastrukturmaßnahmen einen deutlich geringeren Investitionsbedarf mit einem sehr guten Kosten-/Nutzungsgrad, so der IVH.

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