Piraten müssen weiter ausweichen
35 Überfälle, neun Schiffsentführungen: Die internationalen Marineeinheiten vor Ostafrika vereiteln zwar immer mehr Piratenattacken, können dem Seeräubertreiben aber weiter kein Ende setzen – auch weil die Angreifer immer weiter aufs offene Meer ausweichen.
Im Vergleich zum ersten Quartal 2009 (62 Angriffe) sank die Anzahl der Attacken auf Frachtschiffe durch somalische Piraten von Januar bis März dieses Jahres auf 35. Dieser Rückgang „ist insbesondere auf die Militärpräsenz vor der Küste zurückzuführen", berichtete gestern das Internationale Schifffahrtsbüro (IMB) in seinem neuesten Quartalsbericht. Tatsächlich melden unter anderem die Kriegsschiffe der EU/NavFor-Mission „Atalanta" vermehrt, Angriffe erfolgreich abgewehrt zu haben.
Allerdings konnten sie die absolute Zahl der erfolgreichen Attacken – also Schiffsentführungen – nicht verringern. Wie auch im Vergleichszeitraum des Vorjahres wurden im ersten Quartal 2010 neun Schiffe entführt und an die somalische Küste verschleppt. Dies lässt sich zu einem großen Teil darauf zurückführen, dass sich die Piraten für ihre Aktivitäten immer weiter nach Süden und Osten entfernen. Laut IMB verbreiten sie mittlerweile in einem Gebiet zwischen dem Roten Meer im Westen, dem 66. Längengrad im Osten und dem 11. Breitengrad südlich des Äquators Schrecken unter Seefahrern. Die Überfälle haben sich im Süden bis in die Straße von Mosambik ereignet. Im Indischen Ozean wurde ein Schiff 670 Seemeilen östlich von
Sokotra entführt.
„Die unterschiedlichen Überfallorte zeigen die vergrößerten Einsatzbereiche und Möglichkeiten der Piraten", kommentierte IMB-Direktor Pottengal Mukundan gestern die aktuellen Zahlen. Die nachhaltigen Aktionen der Marineeinheiten gegen Mutterschiffe, Ruderboote und Piratengruppen seien entscheidend und müssten fortgeführt werden, forderte er.
Auch im April setzen die Seeräuber ihre Aktivitäten fort. So befanden sich die deutsche „Taipan" und die „Yasin C" kurzzeitig in der Hand der Piraten, während der Tanker „Samho Dream" noch immer in ihrer Gewalt ist. Am Dienstag wurden die drei thailändischen Fischtrawler „Prantalay 11", „Prantalay 12" und „Prantalay 14" mit 77 Seeleuten 1200 Seemeilen östlich von Somalia entführt – laut Atalanta die östlichste Kaperung seit Beginn der Mission, rund 600 Seemeilen vom Einsatzgebiet entfernt. Gestern brachten somalische Piraten zusätzlich den Bulker „VOC Daisy" 190 Seemeilen ostsüdöstlich von Salalah (Oman) in ihre Gewalt.