Reparatur der "Gorch Fock" für 35 Millionen Euro oder Neubau?

Schicksalstage für die "Gorch Fock": Soll das marode Segelschulschiff der Marine für mindestens 35 Millionen Euro saniert oder ein Neubau in Auftrag gegeben werden? "Die Entscheidung über das weitere Vorgehen bei der Instandsetzung der 'Gorch Fock' wird derzeit im Verteidigungsministerium vorbereitet und in den nächsten Tagen bekanntgegeben", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Dienstag in Berlin. Dabei werde auch die Bewertung der Wirtschaftlichkeitsaspekte mit einfließen.

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), unterstrich die besondere Bedeutung des Schulschiffes für die Ausbildung. Außerdem sei es "ein Symbol, ein Wahrzeichen" der Marine und "ein Botschafter für Deutschland". "Ich bin immer für die 'Gorch Fock' gewesen und fände es gut, wenn man sie zu vertretbaren Kosten wieder instandsetzen könnte", sagte der langjährige Kieler Bundestagsabgeordnete. Seit dem tödlichen Unfall einer Kadettin sei viel Geld in die Sicherheit und Technik geflossen.

Die fast 60 Jahre alte "Gorch Fock" liegt dem Ministeriumssprecher zufolge seit dem 4. Januar 2016 für eine geplante Instandsetzung in der Bredow Werft in Bremerhaven. Bereits zwölf Millionen Euro seien seitdem für Reparaturen geflossen. Am 11. Oktober 2016 habe dann der Projektleiter die Arbeiten gestoppt, "da sich deutliche Kostensteigerungen aufgrund verdeckter Schäden für in der Folge sich ergebende weitere Reparaturen abzeichneten und keine Klarheit über den Umfang der erforderlichen Maßnahmen bestand".

Ursprünglich sollte die Instandsetzung knapp zehn Millionen Euro kosten. Der Bedarf erhöhte sich bis zum Instandsetzungsstopp "bereits auf rund 35 Millionen Euro".

Von der Leyen entscheidet

"Wir müssen die Entscheidung von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen abwarten, welche Alternative greift", ergänzte der Sprecher des Presse- und Informationszentrums der Marine, Johannes Dumrese, am Dienstag in Rostock.

Die Kosten für die Instandsetzung des Windjammers liefen 2016 immer mehr aus dem Ruder. Den Auftrag erhielt die Elsflether Werft in Elsfleth (Niedersachsen), die für die "Gorch Fock" aber das Dock in Bremerhaven nutzt. Es wurde eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vorgenommen, deren Ergebnis bisher nicht veröffentlicht wurde.

Mit großer Sorge reagierte Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD):  "Unser Herz würde bluten, wenn wir die 'Gorch Fock' verlieren würden", sagte er am Dienstag auf "NDR 1 Welle Nord". Kiel ist Heimathafen des weißen Windjammers, der seit Jahrzehnten als "Botschafter Deutschlands" auf den Weltmeeren und in den Häfen der Welt international viel Sympathie gefunden hat.

750.000 Seemeilen zurückgelegt

Seit 1958 haben etwa 15.000 Männer und Frauen der Marine - darunter praktisch alle Offiziersanwärter - ihre seemännische Basisausbildung auf dem Dreimaster absolviert. Schiff und Besatzung legten mehr als
750.000 Seemeilen zurück. Das entspricht etwa 35 Erdumrundungen.

"Mit der 'Gorch Fock' verbindet den schleswig-holsteinische Landtag eine jahrzehntelange enge Partnerschaft", betonte Landtagspräsident Klaus Schlie. "Der Landtag steht hinter der 'Gorch Fock' - ob repariert oder neu gebaut", sagte Schlie. "Wir wollen auch zukünftig die Offizier-Anwärterinnen und -anwärter in ihrer Ausbildung begleiten. Die unmittelbare, direkt erlebte Seemannschaft kann nur auf einem Segelschiff erworben werden." Dies sei für die Offiziere der Marine "ein absolut notwendiger Teil ihrer Ausbildung". Darüber hinaus sei das Mannschaftserlebnis auf einem Segelschiff eine unerlässliche Erfahrung, um Führung kompetent zu erlernen.

Egal, ob Reparatur oder Neubau: Die Marine will in jedem Fall als Übergangslösung einen Segler als Schulschiff mieten. Welches Schiff dies sein werde, sei noch nicht entschieden, sagte Dumrese.

"Neubau wäre günstiger"

Der Bund der Steuerzahler hat die immer teureren Reparaturen als Geldverschwendung kritisiert. Ein Neubau wäre günstiger, hieß im Schwarzbuch 2016/17. So habe etwa das private Segelschulschiff "Alexander von Humboldt II" 2011 nur 15 Millionen Euro gekostet. Dagegen seien seit 2010 einschließlich der laufenden Arbeiten für die "Gorch Fock" rund 30 Millionen Euro ausgegeben worden. Das war Stand Oktober, inzwischen sind die geschätzten Kosten weiter gestiegen.

"Man kann einen Neubau wie die 'Alexander von Humboldt II' nicht mit einem Segelschulschiff der Marine vergleichen", betonte Dumrese. Bei einem Neubau müssten die hohen Sicherheitsstandards der Marine eingehalten werden und das koste nun mal Geld - ebenso wie die robuste Technik, die ja nicht nur ein paar Jahre halten solle.

Zur Instandsetzung gehörten zunächst Arbeiten an der Takelage und am Rumpf. Auch die drei bis zu 45 Meter hohen Masten müssten wegen Rostschäden ausgetauscht werden. Auch das Holzdeck ist marode. (lno)

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