TKMS bleibt beteiligt
Skepsis trotz Zusicherungen für die Zukunft der Nordseewerke in Emden: Im Kampf um Arbeitsplätze und den Schiffbau haben Industrie und Landesregierung ein Abkommen erzielt, das auf ein geteiltes Echo stößt. Betriebsbedingte Kündigungen soll es danach nicht geben. Zudem macht ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) das Zugeständnis, in einem Jahr noch einmal über die Verteilung der Schiffbau-Aufträge zu beraten. «Damit bleibt die Tür für den Schiffbau in Emden geöffnet», sagte Niedersachsens Wirtschaftsministerin Philipp Rösler (FDP). Während die IG Metall Küste die Vereinbarung begrüßte, sagt die Industrie- und Handelskammer (IHK) eine Schwächung der gesamten Region voraus.
Der Werftenverbund ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS)?verkauft die Nordseewerke an den Windanlagenhersteller Siag Schaaf Industrie AG. Die Fertigung von Schiffen soll damit in Emden nach und nach auslaufen. Am Freitag wurde zudem vereinbart, dass sich TKMS mit 20 Prozent an den neu zu gründenden Siag Nordseewerken beteiligt. Damit nehme TKMS auch weiter unternehmerische Verantwortung wahr für den Übergangsprozess bei den Nordseewerken in Emden, hieß es.
«Gewerkschaft, Betriebsrat und Landesregierung haben das endgültige Aus für den Schiffbau in Emden verhindert», erklärte der IG Metall-Schiffbauexperte Heino Bade. Auch neue Schiffbauaufträge schließe die Geschäftsleitung nicht aus.
Neue Möglichkeiten für die Fortsetzung des Schiffbaus scheinen aber nur schwer realisierbar. Denn nur wenn die Pläne des Windanlagenbauers Siag in Emden nicht aufgehen, will TKMS seine Pläne zum Schiffsneubau überdenken. Der Vorstandschef von TKMS, Hans Christoph Atzpodien, sagte der dpa nach den Verhandlungen am Freitagabend in Hannover, sollte die Windkraft-Fertigung deutlich hinter den Erwartungen bleibe, könne eine Fortführung des Schiffbaus noch einmal überprüft werden. «Aber das Windkraft-Konzept wird aufgehen.»
Unterdessen teilte die Emder FDP mit, Rösler wolle sich im Ausland um mögliche Aufträge für die Emder Werft bemühen. Beim künftigen Bundeswirtschaftsminister wolle er sich für eine gemeinsame Reise nach Algerien im November 2009 stark machen, um bei der dortigen Regierung für einen Fregatten-Auftrag zu werben. Käme dieser zustande, könnten davon die Nordseewerke profitieren.
Nach dem zwischen Landesregierung, TKMS, Siag, Betriebsrat und Gewerkschaft festgeschriebenen Plänen sollen in Emden mehr als 700 Beschäftigte von TKMS?zu Siag wechseln, 375 arbeiten weiterhin für ThyssenKrupp. 100 Mitarbeiter sollen freiwillig oder über Altersteilzeit ausscheiden. Zudem wird in Emden ein «Standort-Integrations-Beirat» mit Vertretern aus Industrie, Gewerkschaft und Regierung eingerichtet, der den Wandel bei den Nordseewerken begleiten soll.
Eine Schwächung der Wirtschaftskraft der ganzen Region fürchtet unterdes der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK?für Ostfriesland und Papenburg, Jan Amelsbarg. Das Auslaufen des Schiffbaus habe nicht nur Folgen für die Werft-Mitarbeiter, sondern auch für zahlreiche Zulieferer sowie für die Emshäfen in Papenburg, Leer und Emden, sagte er der dpa. «Es ist ein schmerzlicher Rückschlag für die gesamte maritime Wirtschaft.» Darüber hinaus drohe der Region auch der Verlust von Fachkräften.
Das Aus für den Handelsschiffbau auf der Werft bezeichnete Amelsbarg als Desaster. «Hier wird eine regionale Entwicklung durch diese Entscheidung ausgebremst. Das Wegbrechen der Werft bedingt einen Domino-Effekt.» An den Nordseewerken hänge ein Vielzahl von Zuliefer-Betrieben. Allein von ihnen stammen nach Angaben des Experten 70 Prozent eines neu gebauten Schiffes. Mit dem Ende der Werft gingen den Zulieferern auf Dauer Aufträge mit einem Umfang von 50 Millionen Euro pro Jahr verloren, sagte Amelsbarg.