Unbekannte fordern Lösegeld

Die Geschichte wird immer verworrener: Der seit zwei Wochen verschwundene Frachter „Arctic Sea" soll nun doch nicht vor den Kapverden wieder aufgetaucht sein. Dafür erhielt die Reederei nun nach Angaben der finnischen Reederei Solchart eine Lösegeldforderung von Unbekannten. Ein Polizeisprecher sagte in Helsinki, der von den Schiffsbesitzern verlangte Betrag sei "beträchtlich, aber nicht gewaltig". Die genaue Summe wollte er ebenso wenig preisgeben wie Details darüber, auf welchem Wege die Forderung gestellt wurde. Unklar ist auch, ob es sich um Trittbrettfahrer handelt.

Solchart-Chef Viktor Matwejew lehnte eine Stellungnahme zu entsprechenden Berichten ab. Er konzentriere sich darauf, das verschollene Schiff zu finden. "Ich schlafe nicht, ich esse nicht. Ich arbeit derzeit 24 Stunden am Tag", sagte der Reederei-Chef der Nachrichtenagentur Reuters. Der Reeder äußerte sich besorgt über das Schicksal des Schiffes und seiner Besatzung. Sein Unternehmen versuche immer wieder erfolglos Kontakt mit der 15-köpfigen russischen Besatzung aufzunehmen und schicke kontinuierlich Nachrichten, sagte er. „Wir beten für die Besatzung und den Kapitän. Wir hoffen, dass sie alle am Leben sind.“

Der Verbleib des vor rund zwei Wochen verschwundenen Frachters „Arctic Sea“ ist weiter unklar. Es werde weiterhin „mit russischen Schiffen und U-Booten“ sowie „Satelliten und anderen Mitteln“ nach dem Frachter gesucht, sagte der russische Botschafter auf den Kapverden, Alexander Karpuschin, am Wochenende. Die russische Botschaft sei nicht „offiziell“ über die Ortung des Frachters informiert worden. Er sei am Freitag von dem Generalstabschef der afrikanischen Inselrepublik darüber unterrichtet worden, dass ein der "Arctic Sea" ähnelndes Schiff 400 Seemeilen nördlich der kapverdischen Insln gesichtet worden sei, berichtete er laut der Agentur Interfax weiter. "Diese Information hat sich jedoch nicht bestätigt", wird Karpuschin zitiert. Jetzt meldete die russische Marine-Website Sowfracht, ein Signal des Schiffes sei am Samstagvormittag gegen 10.30 Uhr MESZ aus dem Golf von Biskaya vor der westfranzösischen Hafenstadt La Rochelle gesendet worden. Möglicherweise befinde sich aber das Gerät des Automatischen Identifikationssystems (AIS) nicht mehr an Bord der "Arctic Sea". Das Signal sei nach etwa einer Stunde verschwunden. Die französische Marine dementierte dies jedoch umgehend. Der Sprecher Kapitänleutnant Jerôme Baroe erklärte, das Signal sei von französischen Kriegsschiffen auf dem Weg vom Mittelmeer in die Ostsee gekommen.

Behörden wollten "Arctic Sea" geortet haben

Am Wochenende waren Meldungen über eine Ortung des unter maltesischer Flagge fahrende Schiffs veröffentlicht worden. Die mit finnischem Holz beladene „Arctic Sea" befinde sich außerhalb der kapverdischen Hoheitsgebiete, hatte ein Vertreter der Küstenwache bestätigt. Sobald das Schiff jedoch in die Gewässer des Landes einfahre, wollte die Behörde mit ihren „Partnern“ über das weitere Vorgehen beraten. Dabei wurde eine Erstürmung des Schiffes nicht ausgeschlossen. Laut russischen Medien hatte auch Karpushin bestätigt, dass eine russische Fregatte auf dem Weg in das Seegebiet ist. Ein ranghoher Militärsprecher hatte in Brüssel der russichen Agentur Itar-Rass gesagt: "Das Schiff ist nicht gesunken. Seine Position ist bekannt, wird aber aus taktischen Gründen nicht bekanntgegeben." Den Grund für die Geheimhaltung nannte er nicht.  Der russische NATO-Botschafter Dmitri Rogosin betonte, man könne keine Details mitteilen. "Die Situation ist dramatisch genug, da darf man nichts vorzeitig mitteilen" sagte er ohne weitere Einzelheiten zu nennen dem Moskauer Radiosender Echo Moskwy. Russland und die NATO seien im Fall der "Arctic Sea" in "engem Kontakt". Die NATO beobachtet nach eigenen Angaben die Situation. "Wir haben aber keine weiteren Details über die Position des Schiffes", wird Sprecher Chris Davies zitiert.

Auch die Europäische Union hatte sich an dem Rätselraten um die "Arctic Sea" beteiligt. Laut einem Sprecher von EU-Verkerskommisar Antonio Tajani wurde der Frachter zweimal überfallen, einmal vor Schweden und nun vor der portugiesischen Küste auf seinem Weg nach Algerien. Es scheine, als hätten diese nichts mit "traditionellen Piratenüberfällen" oder "bewaffneten Angriffen auf hoher See" gemein. Weitere Angaben wollte er mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht machen: "Dazu haben wir keine Meinung und keinen Kommentar abzugeben. Lissabon bestritt dagegen nach Angaben der nationalen Agentur Lusa, dass sich die "Arctic Sea" in den vergangenen Tagen in portugiesischen Gewässern bewegt hat.

Spekulationen über den Grund des Verschwindens

In Russland kursieren mittlerweile zahlreiche Gerüchte um den Grund für das Verschwinden des Schiffes. Ein russischer Experte vermutet einen politischen Hintergrund. "Ich gehe davon aus, dass die Behörden längst wissen, wo das Schiff ist", sagte der Vizechef der russischen Seefahrergewerkschaft, Sergej Portenko, der Moskauer Boulevardzeitung "Moskowski Komsomolez". Nach seiner Vermutung soll vertuscht werden, dass die "Arctic Sea" Waffen für Afrika geladen hatte. Zeitungen spekulieren, dass die 15- köpfige Besatzung in Lebensgefahr sein könnte. "Wenn bei dieser Sache wirklich wichtige Leute ihre Finger im Spiel haben, dürfte man die Besatzung als Zeugen wohl aus dem Weg räumen", stellte "Moskowski Komsomolez" fest.

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