Unruhige TUI-Hauptversammlung

Der Reise- und Schifffahrtskonzern TUI hat am Mittwoch in Hannover eine der spannendsten Hauptversammlungen seiner Geschichte erlebt. In teils aufgeheizter Stimmung prägten der anhaltenden Machtkampf der TUI-Großaktionäre und die geplante Trennung der Reederei-Tochter Hapag-Lloyd die Redebeiträge .
Der größte Aktionär, der norwegische Reeder John Fredriksen griff durch seinen Vertrauten Tor Olav Troim die TUI-Spitze massiv an und warf ihr schlechte Unternehmensführung und Vetternwirtschaft bei der Besetzung im Aufsichtsrat vor. Die TUI-Führung wies die Vorwürfe zurück. Aktionärsvertreter zeigten sich neben der Führungsfrage am Mittwoch in Hannover vor allem besorgt über die Verwendung der Erlöse aus dem geplanten Verkauf von Hapag-Lloyd.
Im Streit um den Aufsichtsratsvorsitz deutete der Fredriksen-Vertraute Troim eine Kompromissmöglichkeit an. Das Wichtigste für die Gruppe um Fredriksen bleibe aber die Ablösung von Aufsichtsratschef Jürgen Krumnow. Wenn dies erfüllt sei, werde Fredriksen auf einen der zwei von ihm beanspruchten Sitze in dem Kontrollgremium verzichten und könnte sogar selbst in den Aufsichtsrat einziehen, sagte Troim vor den über 2000 Aktionären und Gästen. Fredriksens Konkurrent, der zweitgrößte Aktionär Alexej Mordaschow aus Russland hat seit kurzem einen Vertrauten in dem Kontrollgremium. Auch Fredriksen war ein Sitz angeboten worden, sagte Krumnow.
«Wir sind keine Heuschrecken und Unruhestifter » sagte Troim. «Wir wollen Werte für die Aktionäre schaffen und wir wollen Arbeitsplätze erhalten.» TUI-Vorstandschef Michael Frenzel warf er vor, keinen klaren Kurs zu fahren und in den vergangenen Jahren Werte vernichtet zu haben. Krumnow habe eine schlechte Leistungsbilanz des Unternehmens jahrelang toleriert. Daher müsse er gehen, sagte Troim.
An seiner Stelle solle ein anderer deutscher Unternehmensführer das Kontrollgremium leiten. Troim bekam nicht wenig Beifall. Fredriksen war aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Aktionärstreffen gekommen.
Der Ausgang des Duells blieb weiter spannend. Der Russe Alexej Mordaschow, unterstützt den Kurs der TUI-Führung. Frenzel nahm in seiner Rede den Aufsichtsrat in Schutz.
Aktionärsvertreter äußerten sich in teils scharfen Redebeiträgen besorgt über vage Ankündigungen von Frenzel, dass die Aktionäre am Hapag-Lloyd-Verkauf «angemessen» beteiligt werden. Einige sprachen sich dafür aus, damit Schulden zu tilgen, andere forderten, den gesamten Betrag auszuschütten. Auch Investitionen in die Touristik- Sparte wurden angeregt - das kommt den Vorstellungen des Vorstandes entgegen. Frenzel versicherte nochmals, dass er den geplanten Verkauf der Reederei-Tochter Hapag-Lloyd zügig voranbringen werde. Besorgnis bei einigen Aktionären löste der Hinweis aus, dass nach dem Verkauf von Hapag-Lloyd und einer zu hohen Ausschüttung der Erträge TUI zu klein werden und aus dem DAX fallen könnte.
Der Vorstand sei überzeugt, dass die Trennung mit optimalem Ergebnis umgesetzt werden könne und am Ende des Prozesses eine gestärkte TUI AG stehe, betonte Frenzel. Die Hapag-Lloyd werde mit neuen Eigentümerstrukturen in die Zukunft entlassen. Der Vorstand sehe sich verpflichtet, den tatsächlichen Marktwert der Containerschifffahrt zu realisieren und die Interessen aller zu wahren. Rund 100 Demonstranten forderten vor dem Gebäude der Hauptversammlung, Hapag-Lloyd nicht an einen ausländischen Investor zu verkaufen.
Troim wandte sich gegen einen schnellen Verkauf. Angesichts des schwachen Finanzmarktes sei für Hapag-Lloyd im Augenblick kein fairer Preis zu erzielen. Fredriksen setze sich deshalb dafür ein, die Sparte vom TUI-Konzern abzulösen, weiterzuentwickeln und an die Börse zu bringen. Bei einem Verkauf müsse zudem die Hauptversammlung entscheiden. Fredriksen hält knapp 12 Prozent und kann damit eine außerordentliche Sitzung erreichen, wofür fünf Prozent benötigt werden. Troim hatte zudem kritisiert, dass Wladimir Jakuschew als Vertrauter von Mordaschow Ende April in den Aufsichtsrat eingezogen war. Zu der Personalie hätten die Aktionäre befragt werden sollen.
Der anhaltende Machtkampf lockte ungewöhnlich viele Aktionäre nach Hannover. Die Präsenz lag bei 71,49 Prozent der Stimmrechte. 2007 waren es noch rund 47 Prozent gewesen, in den Jahren zuvor jeweils rund um 40 Prozent. Die hohe Präsenz machte die Abstimmung zu den kritischen Anträgen, vor allem zur Abwahl von Krumnow besonders spannend. Es wäre in einem DAX-Konzern ein bisher einmaliger Vorgang.

Mehr: Im "THB Täglicher Hafenbericht".

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