Verkauf von Blohm + Voss an Abu Dhabi MAR vorerst gescheitert

ThyssenKrupp hat beim geplanten Ausstieg aus dem zivilen Schiffbau einen herben Rückschlag erlitten. Entgegen den ursprünglichen Plänen übernehme der arabische Schiffbaukonzern Abu Dhabi MAR nicht den zivilen Bereich der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss, teilte der von Heinrich Hiesinger geführte Mischkonzern am Freitag mit. „Innerhalb des langen Verhandlungszeitraums haben sich die politischen Rahmenbedingungen im Mittleren Osten geändert.“ Auch ein geplantes Joint Venture mit den Arabern im militärischen Bereich, bei dem gemeinsam Märkte im Nahen Osten und Nordafrika erschlossen werden sollten, werde es nicht geben.

ThyssenKrupp hatte den Verkauf der zivilen Teile von Blohm + Voss in Hamburg und der Ho­waldts­werke-Deutsche Werft (HDW) in Kiel an die Araber bereits 2009 angekündigt. Einen entsprechenden Vertrag hatten beide Seiten dann im April 2010 unterzeichnet, die EU-Kommission gab im August 2010 grünes Licht für das Geschäft. Doch die Detailverhandlungen hatten sich immer wieder verzögert. In den vergangenen Monaten hätten sich wesentliche Voraussetzungen für ein gemeinsames Vorgehen verändert, hieß es nun. Abu Dhabi MAR übernehme jetzt lediglich den zivilen Bereich von HDW-Gaarden. Für den zivilen Bereich von Blohm + Voss wolle Thyssen­Krupp mittelfristig neue Eigentümer suchen. Blohm + Voss baut in Hamburg Marineschiffe und Megayachten. Außerdem werden auf der Werft Frachter, Tanker, Fähren und Kreuzfahrtschiffe repariert.

ThyssenKrupp will sich aus dem zivilen Schiffbau zurückziehen, der in den vergangenen Jahren hohe Verluste eingefahren hatte. Der Konzern hatte daher bereits den größten Teil der Emder Nordseewerke an die SIAG-Gruppe verkauft. Abu Dhabi MAR übernahm zudem rund 75 Prozent der Anteile an der griechischen Werftentochter Hellenic Shipyards (HSY). Für einen Verkauf des zivilen Teils von Blohm + Voss würden bereits Gespräche mit einem Interessenten geführt, kündigte der für das Thema Werften zuständige Thyssen­Krupp-Vorstand Olaf Berlien am Freitag an.

Auch ein Verkauf an Abu Dhabi MAR sei weiterhin nicht ausgeschlossen. ThyssenKrupp habe in seinem Werften-Geschäft in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2010/11 (30.9.) schwarze Zahlen geschrieben, und auch das dritte Quartal sei gut gelaufen, sagte Berlien. Beim zivilen Teil von Blohm + Voss geht  es nach Angaben von ThyssenKrupp um einen Umsatz von rund 476 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2009/10 (30.9.) und aktuell rund 1440 Mitarbeiter.ThyssenKrupp will sich im Schiffbau auf den lukrativen militärischen Bereich konzentrieren. Hierzu gehört der Bau von U-Booten. Der Vertrag mit der türkischen Marine zum Bau von sechs U-Booten vom Typ 214 im Wert von rund zwei Milliarden Euro sei mit dem Eingang der Anzahlung in Kraft getreten, teilte das Unternehmen ebenfalls am Freitag mit. „Dieser Auftrag wird bei HDW in Kiel, aber auch bei vielen Unterlieferanten in Deutschland und in der Türkei für die nächsten zehn Jahre zur Beschäftigung beitragen.“

Die IG Metall Küste hat den gescheiterten Verkauf von Blohm + Voss an Abu Dhabi MAR kritisiert. „Das ist ein herber Rückschlag, der für weitere Verunsicherung bei den Beschäftigten sorgt“, erklärte der Schiffbau-Experte der IG Metall Küste, Heino Bade, der auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) ist.  Betriebsräte und IG Metall sehen nun das Unternehmen in der Verantwortung und in der Verpflichtung, Standorte und Beschäftigung langfristig zu sichern. „Wir brauchen schnell eine Lösung für den militärischen Überwasserbereich und den zivilen Fertigungsbereich bei Blohm + Voss in Hamburg sowie für die Ingenieure in Kiel. Nach zwei Jahren Hängepartie verlangen die Beschäftigten eine klare Aussage zur Sicherung der Standorte und ihrer Arbeitsplätze“, erklärte Bade.

ThyssenKrupp habe sich in einer Vereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat und der IG Metall verpflichtet, im Zuge der Umstrukturierung auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten und die Arbeitnehmervertreter bei Veränderungen rechtzeitig und umfassend einzubinden. „Wir erwarten, dass sich der Konzern an diese Zusagen hält“, so Bade. ThyssenKrupp drücken Schulden von 6,5 Milliarden Euro. Vorstandschef Heinrich Hiesinger hatte nach seiner Amtsübernahme im Januar einen Konzernumbau in die Wege geleitet. Er will Geschäfte mit einem Umsatz von insgesamt zehn Milliarden Euro verkaufen. Von den Plänen sind 35.000 der 180.000 Beschäftigten des Konzerns betroffen.

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