Weiter Kampf um die Traditionschiffe

„Prinz Heinrich“: historischer Ems-Borkum-Dampfer von 1909 (Foto: Traditionsschiff „Prinz Heinrich“ e.V.)

Das Feuerschiff „Elbe 1“ lag bis 1988 in der Elbmündung und ist heute Museumsschiff (Foto: Zech)
Niedersachsen macht sich für Änderungen in einer vom Bundesverkehrsministerium geplanten neuen Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe stark. Auch die Schutzgemeinschaft macht Druck.
„Wir haben 17 schwimmende Denkmäler in Niedersachsen, und das Besondere ist: Sie schwimmen noch“, sagte Landeswirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) am vergangenen Mittwoch im Landtag. Eine Überarbeitung des von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt geplanten Gesetzesentwurfs sei nötig. „Es geht nicht nur um die Traditionsschifffahrt, sondern auch um die vielen Ehrenamtlichen, die sich dort engagieren.“ Auch Hamburgs Bürgerschaft wolle die Richtlinie nicht hinnehmen.
Die Vorschrift soll von 2017 an die bauliche Beschaffenheit der Schiffe, Brandschutz und Ausrüstung sowie die Qualifikation der Crew neu regeln (THB 22. und 23. September, 6. und 17. Oktober 2016). Die SPD-Abgeordnete Silke Lesemann nannte die Richtlinie „absurd“. So werde beispielsweise gefordert, dass jedes Schiff einen gleich großen Anker haben müsse. Auch sollen künftig Holztreppen mit Stahl unterfüttert werden. Die Anforderungen an die Qualifikation der Crew, deren Seediensttauglichkeit künftig amtlich bestätigt werden muss, sei für die Betreiber ein Hindernis, sagte Susanne Menge (Grüne). „Ehrenamtliche Crews mit wechselnden Mitgliedern können doch nicht verglichen werden mit Seeleuten in der kommerziellen Schifffahrt.“
Für den CDU-Abgeordneten Bernd-Carsten Hiebing steht fest: „Diese Richtlinie bedeutet das Aus für die Traditionsschiffe und ist eine Ohrfeige für die Betreiber dieser historischen Flotte.“ Dabei seien die alten Schiffe Teil des kulturellen Erbes und ein Aushängeschild, das den Tourismus in jedem Küstenort belebe.
Widerstand der SDN
Auch die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) lehnt die Richtlinie ab.
Das machen Vorstandssprecher Hans von Wecheln und Vorsitzer Dieter Harrsen in einem Brief an Dobrindt deutlich. Auch als Landrat Nordfrieslands teilte Harrsen dem Minister sein Unbehagen über die geplanten Sicherheitsrichtlinien bei Traditionsschiffen in Nord- und Ostsee mit. „Die zuständige Abteilung in Ihrem Haus hat einen neuen Entwurf für die Sicherheitsrichtlinie auf Traditionsschiffen vorgelegt, die noch dieses Jahr in Kraft treten soll. Darin enthalten sind Forderungen über Bau und Betrieb von Traditionsschiffen, die aus Sicht der SDN nicht umgesetzt werden können“, schreibt der Vorsitzer.
Der Entwurf des Ministeriums sieht Änderungen und Vorschriften vor, die nach Einschätzung der SDN zur Folge haben, dass der Betrieb wegen der Anforderungen an die Besatzung nicht oder nur eingeschränkt möglich sein wird. Auch sollen die Schiffe in ihrem Aussehen beziehungsweise baulichen Zustand so stark verändert werden, dass sie ihren ursprünglichen Charakter verlieren könnten. Die SDN befürchtet, dass der Aufwand zur Umsetzung der Forderungen die finanziellen Möglichkeiten der Betreiber übersteigt und der weitere Betrieb gefährdet ist.
Realitätsfremd
ln der nun vorliegenden Fassung, die eigentlich dem Erhalt der Traditionsschiffe dienen soll, werde durch zahlreiche Verschärfungen der Bestand der Traditionsschiffe gefährdet. Außer einigen Konkretisierungen und Vorgaben, die von der SDN als sinnvoll anerkannt werden, stelle der Entwurf insgesamt eine unverhältnismäßige Verschärfung dar, so der kommunale Umweltverband. Die finanziellen und quantitativen Annahmen in der Begründung der Richtlinie entsprächen vielfach nicht der Wirklichkeit, zum Beispiel was die Kosten für den Einbau wasserdichter Schottunterteilungen oder den Schulungs umfang der ehrenamtlichen Besatzung anbelangt.
Die geplante Übertragung des Schiffsbesatzungszeugnisses der Berufsschifffahrt auf ehrenamtlich betriebene Traditionsschiffe sei nicht möglich, da zumeist mit wöchentlich wechselnder Besatzung und keiner festen Crew gefahren werde. „Außerdem ist die Mindestbesatzung bereits in der Sport-SeeSchV eindeutig geregelt“, verdeutlicht Harrsen.
Die geplante Pflicht zur Durchführung der zweijährlichen Seediensttauglichkeit-Untersuchung für ehrenamtliche Besatzungsmitglieder, die zumeist nur für eine Woche pro Jahr an Bord sind, stelle organisatorisch und finanziell eine unzumutbare Hürde dar. Auch könne die geplante Pflicht für Teile der Besatzung zur regelmäßigen Teilnahme an Lehrgängen gemäß der Maritime-Medizin-Verordnung mit wöchentlich wechselnden ehrenamtlichen Crews nicht umgesetzt werden.
"Verwaltungsunüblich"
Der Entwurf war vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) am 16. August 2016 mit dem Ziel der Umsetzung zum 1. Januar 2017 bekannt gegeben worden. Harrsen bezeichnet dieses Vorgehen als „verwaltungsunüblich“ und erkennt darin nicht die Einbindung der betroffenen Bevölkerung vor Ort. „Wir möchten Sie bitten, diesen Verwaltungsvorgang in Ihrem Haus zu unterbinden“, heißt es abschließend in dem Schreiben. FBi