Zehn Jahre Haft für Matrosen
Nach dem tödlichen Messerangriff auf einen Seemann an Bord des Hamburger Containerschiffs "Hansa India" der Reederei Leonhardt & Blumberg hat das Hamburger Landgericht einen angeklagten Matrosen zu zehn Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt.
Der heute 34-Jährige habe das Opfer im November 2007 bei einem Werftaufenthalt in China mit mindestens 17 Messerstichen getötet, sagte der Vorsitzende Richter gestern. In einem ersten Prozess hatte das Landgericht der Hansestadt den Angeklagten noch für vermindert schuldfähig gehalten und wegen Totschlags nur für sieben Jahre in Haft geschickt. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil jedoch auf und mahnte, die Richter müssten auch einen heimtückischen Mord in Betracht ziehen.
Das Gericht sei nach 15 Verhandlungstagen zu dem Schluss gekommen, den Mann «erneut wegen Totschlags und nicht wegen Mordes zu verurteilen», betonte der Vorsitzende Richter. Allerdings stuften die Richter den Angeklagten nun als voll schuldfähig ein. Die Mutter des 28 Jahre alten Opfers hörte sich die Urteilsbegründung unter Tränen an. Sie und ihr Mann - beide ganz in Schwarz gekleidet - traten vor Gericht als Nebenkläger auf. Auf ihr Betreiben hatte der Bundesgerichtshof das erste, mildere Urteil aufgehoben.
Der Angeklagte stammt von den Kiribati-Inseln im Pazifik. Auf dem Schiff «Hansa India» war er - nach der Sitte seines Heimatlandes - ein «Schwester-Bruder-Verhältnis» mit einer Landsfrau eingegangen, die dort als Stewardess arbeitete. Dieses Verhältnis räumte ihm - obwohl die beiden nicht verwandt waren - auch eine Art Erziehungsrecht ein.
Auslöser der Bluttat auf dem Containerschiff war die Beziehung der Frau mit dem späteren Opfer. Der 34-Jährige forderte sie mehrfach auf, das Verhältnis zu beenden. Als das Paar sich von dem Angeklagten bedroht fühlte, schaltete der 28-Jährige den Kapitän ein. Dieser wollte den Matrosen prompt entlassen - was sich auf dem Schiff schnell herumsprach. Der Angeklagte fürchtete laut Gericht um seine finanzielle Existenz. Außerdem wollte er nicht, dass das spätere Opfer als «Gewinner» und er als «Verlierer» dastehen würde - und das Paar seine Beziehung auf dem Schiff ungestört fortsetzen könnte.
Wie sich die Bluttat im Maschinenraum der «Hansa India» genau abspielte, habe sich vor Gericht nicht klären lassen, sagte der Richter. «Keine von drei Tatvarianten kann sicher ausgeschlossen werden.» Die Spuren am Tatort seien nicht fotografiert, sondern schnell abgespült und aufgeräumt worden. Klar sei allerdings: Das Opfer habe den Angeklagten nicht provoziert, und der Angeklagte habe mindestens 17 Mal mit einem Klappmesser auf das Opfer eingestochen.
Der 28-Jährige war verblutet. Der Angeklagte sei zwar leicht alkoholisiert und emotional erregt gewesen, betonte der Richter - aber voll schuldfähig. Der 34-Jährige hatte die Tötung gestanden.