Nasentausch für geringere Emissionen

Ein Foto – zwei Geschichten: die gesunkene „Ocean Dream“ und hinten die „Berlin Express“, Foto: Transport Ministry

Der Wulstbug des Hapag-Lloyd-Ausbildungsschiffes „Chicago Express“, Fotos: Hapag-Lloyd

Die „Berlin Express“ soll in China umgebaut werden
Nach dem Untergang der „Ocean Dream“ hat das thailändische Marine Department vor der Küste des Landes Ausschau nach weiteren schrottreifen Schiffen gehalten, um vergleichbare Vorfälle zu vermeiden.
Das verlassene chinesische Kreuzfahrtschiff war am 27. Februar vor Thailands Küste gesunken und hatte Sorgen über mögliche Öllecks ausgelöst. Das Geisterschiff kenterte auf der Reede zwei Kilometer vor dem Hafen Laem Chabang. Schon tags zuvor hatten Fischer bemerkt, dass die 163 Meter lange „Ocean Dream“ Schlagseite hatte. Der Old timer hatte davor mehr als ein Jahr unbemannt im Golf von Thailand geankert.
Das 44 Jahre alte Passagierdampfer unter der Flagge des westafrikanischen Landes Togo gehörte einer Firma in Shanghai. Die thailändische Marine hatte ein Team zu dem Schiff geschickt, um mögliche Öllecks zu finden. Die Behörden kontaktierten auch den Besitzer, der das Schiff bergen soll. Auf der Wasseroberfläche war eine kleine Menge Öl in knapp zwei Kilometer Entfernung des Wracks entdeckt worden.
Das Shanghai Eastime Ship Management hatte den thailändischen Behörden bereits im März 2014 zugesichert, die „Ocean Dream“ zur Reparatur in die Unithai Ship yard zu bringen. Tatsächlich überließen sie das Schiff sich selbst, bis es offenbar durch Korrosionsschäden nicht mehr schwimmfähig war und sich auf die Backbordseite legte. Eine Umweltgefahr besteht durch das Wrack nicht mehr, nachdem das ausgelaufene Öl mit Chemikalien aufgelöst wurde.
In unmittelbarer Nähe ankert seit dem 26. Februar auch die „Berlin Express“ (8749 TEU) von Hapag-Lloyd. Der 2003 in Korea gebaute und 336 Meter lange Frachter mit Heimathafen Hamburg war von Singapur kommend am 25. Februar auf der Außenreede eingetroffen. Der Carrier war zuletzt im Asia Suez Express (AZX) unterwegs. Danach machte das Schiff Platz für die „Chicago Express“. Der neben der „Kuala Lumpur Express“ zweite Ausbildungsfrachter der Hamburger Reederei ist nach erfolgtem Umbau von Wulstbug und Propeller wieder im Einsatz. „Die ,Berlin Express‘ wartet derzeit auf die ,Osaka Express‘ im AZX in Laem Chabang am 11. April, die dann ihrerseits die Reise zur Werft zum Nasentausch in China antritt“, sagte Hapag-Lloyds Kommunikationschef Nils Haupt dem THB. In diesem Jahr sollen insgesamt acht Frachter der Serie umgerüstet werden. Die entsprechenden Maßnahmen finden in der Volksrepublik statt. Über die Größenordnung der Umbauinvestitionen in Millionenhöhe machte Haupt keine Angaben. Dem Vernehmen nach hat Hapag-Lloyd die Kosten bei den derzeit niedrigen Brennstoffpreisen nach weniger als zwei Jahren wieder drin. Insofern wird sich der Umbau nachhaltig lohnen und die Emissionen erheblich verringern. Früheren Angaben zufolge erhalten sogar 24 der größten Schiffe von Hapag-Lloyd einen neuen Wulstbug, einige auch optimierte Propeller.
Ein Wulstbug ist so hoch wie ein Lkw, wiegt etwa 250 Tonnen und prägt das Erscheinungsbild moderner Containerschiffe. Das hat weniger mit Ästhetik, sondern viel mit Brennstoff-Effizienz zu tun. Aufgabe: Er soll Wasser möglichst so verdrängen, dass eine Bugwelle minimiert oder sogar ganz vermieden wird. Denn je geringer der Wasserwiderstand am Rumpf ist, desto weniger Brennstoff benötigt ein Schiff für die gleiche Geschwindigkeit. Sinkt der Verbrauch eines Schiffes, verringern sich ebenfalls dessen Emissionen.
„Deshalb analysieren wir ständig, wie wir unsere Schiffe noch effizienter machen können“, erläutert Richard von Berlepsch, Managing Director Ship Management bei Hapag-Lloyd. Im Ergebnis wird das markante Bauteil gleich bei vier der größten Schiffsklassen von Hapag-Lloyd ausgetauscht. Nacheinander gehen daher die Schiffe der „Hamburg Express“-Klasse mit 13.200 TEU sowie der „Colombo Express“-, der „Prague Express“- und der „Vienna Express“-Klasse mit 8750 TEU in die Docks zweier Werften in Shanghai. In diesem Jahr soll dann der Austausch bei allen Schiffen abgeschlossen sein.
Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis kompliziert. Damit durch das Design eines Wulstbugs tatsächlich Brennstoff gespart und in der Folge auch die Emissionen gesenkt werden, muss er für das individuelle Leistungsprofil eines Schiffes optimiert sein. Dieses Profil hat Hapag-Lloyd für 24 der größten Schiffe in der Flotte genau berechnet. In die Kalkulation sind zahlreiche Faktoren eingeflossen. Dazu zählen beispielsweise das Einsatzgebiet des Schiffes und dessen Dienstgeschwindigkeit. Die Ladungsmenge ist ebenfalls wichtig, weil sie den Tiefgang des Schiffes beeinflusst.
Auch bei den modernsten Frachtern von Hapag-Lloyd, der „Hamburg Express“-Klasse, fand sich noch weiteres Optimierungspotenzial. Denn die 13.200-TEU-Carrier waren ursprünglich als kleinere Schiffsgröße geplant worden. „Zudem waren sie noch für eine Betriebsgeschwindigkeit von 25 Knoten bei 15 Metern Tiefgang optimiert“, so von Berlepsch. Durch das später eingeführte Slow Steaming hat sich die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit jedoch bis heute auf 16 bis 18 Knoten verringert.
Die „Hamburg Express“-Klasse wird zudem auch am Heck verändert: Neben der Nase am Bug der Schiffe werden dort auch die Propeller ausgetauscht. „Das neue Geschwindigkeitsprofil erlaubt eine weitere Optimierung des Propellers in Gewicht und Wirkungsgrad und hebt so den Gesamteffekt zusätzlich an“, erläutert von Berlepsch. Die neuen Propeller sind mit einem Durchmesser von 9,20 Metern etwas größer als die alten (neun Meter) – aber auch etwa elf Tonnen leichter. Zudem sind an der Nabe nun fünf statt sechs Flügel angebracht. Zusammen sorgt das für einen effizienteren Antrieb der Schiffe.
Hapag-Lloyd nutzt für die Maßnahmen Fahrplananpassungen und Streichungen von Rundreisen unter anderem in der G6 Alliance zwischen Asien und Europa wegen gesunkener Nachfrage im Markt (THB 23. Februar 2016). Das Überangebot an Tonnage und die gleichzeitigen Umstellungen der Fahrpläne der großen Containerlinien sorgen für vor übergehende Auflieger in asiatischen Häfen. Davon sind auch andere deutsche Reedereien betroffen. Vor dem taiwanischen Hafen Kaohsiung liegen derzeit die Hapag-Lloyd-Schiffe „Ulsan Express“ und „Ba sle Express“ (je 13.167 TEU) seit einigen Tagen auf Reede. Kaohsiung ist eine der ersten Adressen für das Auflegen von Tonnage. Dort liegen zum Teil seit Monaten die Frachter „Conti Darwin“, „Conti Helsinki“, „Conti Melbourne“, „Conti Gothenburg“, „Hammonia Ionium“, „Hammonia Galicia“, „Hyundai Glory“, „Hyundai Grace“, „Hyundai Supreme“, „APL Qingdao“, „APL Chongqing“, „APL Gwangyang“ und „APL Le Havre“ auf Reede in Warteposition. Ein großer Teil dieser Flotte ist im Besitz deutscher Reedereien.
Die beiden Hapag-Lloyd-Frachter sind von der zehnwöchigen Aussetzung des Loop 6 betroffen, der zur Anpassung der Kapazitäten von der G8 Grand Alliance seit der Woche 8 ausgesetzt wurde. Wie Hapag-Lloyd mitteilte, werden die Häfen des Loop 6 in die Dienste Loop 4 und Loop 5 integriert. Das betrifft Jebel Ali, Antwerpen, Colombo, Hongkong, Shekou, Xiamen und Kaohsiung. Ab Woche 19 wird der Loop-6-Dienst (westwärts, ETA Fuzhou, 12. Mai) wieder aufgenommen. FBi/FB