Debatte um LNG kommt auf Touren

Liquefied Natural Gas (LNG) gilt in der Schifffahrt als umweltschonender und praxistauglicher Treibstoff. Doch um die Akzeptanz von Flüssiggas in der Branche entscheidend zu erhöhen, sind dringende Fragen zur Hafenin fra struktur, zu rechtlichen und technischen Standards sowie zu staatlichen Finanzhilfen zu klären.

Die Diskussion um LNG als Ersatz für bisher verwendetes Schwer- beziehungsweise Marineöl hat in den zurückliegenden Monaten erheblichen Antrieb erfahren. Zum einen kürzte die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO unlängst die Messlatte für den Ausstoß von Schadstoffen. So soll auf Basis einer ab dem Jahr 2019 für alle Seeschiffe verpflichtenden Datenerfassung die Emission von Kohlendioxid (CO2) ab dem Jahr 2023 gezielt gesenkt werden. Bereits ab 2020 wird weltweit ein Limit für den Schwefelanteil im Schiffstreibstoff von 0,5 Prozent gelten. Bis dahin sind auf den Weltmeeren, mit Ausnahme der Sul phur Emission Control Areas (SECA) wie der Nord- und Ostsee – hier gilt seit 2015 ein Grenzwert von 0,1 Prozent – noch 3,5 Prozent erlaubt.

In dem drastischen Einschnitt sieht Ralf Nagel, geschäftsführendes Mitglied des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), „faktisch das Aus für den heute üblichen Schwerölbetrieb der Seeschiffe“. Der neue Schwefelgrenzwert werde „das saubere Flüssiggas LNG und alternative Brennstoffe in der Schifffahrt vorantreiben“.

Aber auch eine stetig länger werdende Liste von georderten beziehungsweise abgelieferten Schiffsneubauten, die mit LNG betrieben werden können, befeuert die Debatte um eine breite Anwendung von Flüssiggas in der Seeschifffahrt. Anfang November übergab beispielsweise die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) die RoRo-Fähre „Searoad Mersey II“ an die australische Reederei SeaRoad Holdings. Für FSG war das Fährschiff eine Premiere, da es der erste Neubau der Werft mit LNG-Antrieb ist. Mit jedem neu in Fahrt gehenden Schiff, das den umweltschonenden Treibstoff verwendet, wird es dringender, bisher ungeklärte Rahmenbedingungen des LNG-Einsatzes zu definieren und zu international geltenden Standards zu kommen. Bis dato sind Reeder, die sich für die Abkehr vom Schweröl entschieden haben, bereits auf nationaler Ebene mit etlichen Hürden konfrontiert. So verweist der VDR darauf, dass es in Deutschland fast in jedem Hafen unterschiedliche Sicherheitsvorschriften für die Treibstoffversorgung von LNG-Schiffen gibt. Zum Bunkern müssten teilweise Ausnahmegenehmigungen eingeholt werden. Aber auch international existieren für das Flüssiggas-Betanken in Häfen noch keine einheitlichen Vorschriften.

Dies möchte unter anderem die Baltic Ports Organization (BPO) schnellstmöglich ändern. Sie initiierte vor geraumer Zeit das Projekt „LNG in Baltic Sea Ports I“. In einer Reihe von Ostseehäfen wurden der Status quo und mögliche LNG-Facilities zur Bunkerung von Flüssiggas erhoben. Gegenwärtig gibt es dafür verschiedene Technologien. So werden Schiffe von Tankwagen aus bebunkert, aber auch nach dem Modell ship-to-ship. In nur fünf Ostseehäfen, darunter Göteborg und Klaipeda, wurden bisher LNG-Terminals mit größeren Lagerkapazitäten errichtet. Inzwischen hat die BPO das Folgeprojekt „LNG in Baltic Sea II“ aufgelegt. Damit strebt die Hafenorganisation an, die Zusammenarbeit der Häfen zu verbessern und den Ausbau der LNG-Hafenin frastruktur zu forcieren. Ein Netzwerk solle entstehen, in dem Häfen, Lieferanten, Reedereien und landseitige Nutzer von Flüssiggas eng kooperieren auf der Basis einheitlicher Technik- und Sicherheitsstandards.

Als ein weiterer Hemmschuh für einen zügigen Einsatz von LNG in der Schifffahrt erweisen sich die nicht unerheblichen Anschaffungskosten für Flüssiggas-Motoren. Nach Angaben des VDR liegen die Investitionen um rund 20 bis 30 Prozent höher als bei herkömmlichen Antriebsaggregaten. Dieser Mehraufwand sei für viele kleinere Reedereien „trotz klaren Bekenntnisses zum umweltfreundlichen Schiffbetrieb“ in Zeiten einer seit längerem andauernden Branchenkrise schlicht nicht zu stemmen. Unisono fordern deshalb die drei großen maritimen Unternehmensverbände VDR, VSM (Verband für Schiffbau und Meerestechnik) und ZDS (Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe) gemeinsam mit der Maritimen LNG Plattform staatliche Unterstützung. Eine Anschubfinanzierung würde helfen, die „schiffsseitige Nachfrage nach LNG zu erhöhen“. Zwar arbeitet die Maritime LNG Plattform laut ihrem Geschäftsführer Georg Ehrmann „mittlerweile mit dem Bundesverkehrsministerium an der Entwicklung eines Förderprogramms für den Neu- und Umbau von Schiffen für den LNG-Betrieb und für eine entsprechende In fra struk tur in den Häfen zusammen“, doch Kritik in Richtung Berlin, die Bundesregierung würde über keine LNG-Strategie verfügen, war beim zweiten LNG-Round table der DVV Media Group im Oktober dieses Jahres nicht zu überhören.

Auf einen bedeutenden Wettbewerbseffekt macht in der LNG-Debatte Harald Fassmer, Präsident des VSM, aufmerksam. „Die deutsche maritime Industrie hat sich bereits eine ausgezeichnete Expertise bei der Realisierung erster LNG-Projekte erworben.“ Dies ermögliche es den Technologie-Anbietern, mit ihrem Know-how auch international zu punkten. So kündigte der maritime Zulieferer Becker Marine Systems an, seine bereits im Hamburger Hafen erprobte LNG Hybrid Barge zur umweltschonenden Stromversorgung von Schiffen künftig auch in Rotterdam und in Häfen im Mittelmeerraum zum Einsatz zu bringen. schw

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