Schritt für Schritt zum autonomen Schiff

Vor dem Traditionsschiff „Dresden“ führte der autonom fahrende Katamaran seine Manöver durch, Foto: Hochschule Wismar/Baldauf
Die Automatisierung in der Schifffahrt kann auch bei einem stetig wachsenden maritimen Verkehrsaufkommen in den Häfen einen sicheren Verkehrsfluss garantieren. Zu diesem Ergebnis sind jetzt die Akteure hinter dem Projekt „Galileonautic“ gekommen.
RWTH Aachen, die Universität Bremen, die Universität Rostock, die Hochschule Wismar und das IT-Unternehmen Scisys Deutschland entwickelten über einen Zeitraum von zwei Jahren mit einem Fördervolumen von 1,6 Millionen Euro automatisierte Systeme für den maritimen Bereich.
Die Abschlusspräsentation fand jetzt auf dem Traditionsschiff „Dresden“ des Schiffbau- und Schifffahrtsmuseums im IGA-Park Rostock statt. Unmittelbar vor der „Dresden“, auf der Unterwarnow gegenüber dem Seehafen, demonstrierten die Teilnehmer anhand von unterschiedlichen Testszenarien mit autonomen Wasserfahrzeugen die Potenziale des von ihnen entwickelten Systems: Dabei waren zwei Schiffe vernetzt und agierten kooperativ. Ein drittes, nicht vernetztes, bemanntes Schlauchboot störte die beiden autonomen Fahrzeuge – sie wichen eigenständig sowohl untereinander als auch dem störenden Fahrzeug unter Beachtung der geltenden Kollisionsverhütungsregelung und ihrem eigentlichen Fahrtziel aus.
„In einem zweiten Szenario haben wir das Potenzial eines Nahfelderkennungssystems aufgezeigt, das einen Kai bei paralleler Vorbeifahrt der unbemannten Wasserfahrzeuge exakt lokalisieren kann“, berichtet Prof. Dr.-Ing. Olaf Simanski, der das Arbeitspaket der Hochschule Wismar als Projektleiter koordinierte. Seine Arbeitsgruppe Automatisierungstechnik/Mechatronik hatte gemeinsam mit den Forschern des Instituts für Innovative Schiffs-Simulation und Maritime Systeme den mit insgesamt 430.000 Euro geförderten Projektteil zur Nahfelderkennung und der assistierten Schiffsführung bearbeitet.
Aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen zur assistierten Schiffsführung werden bei der weiterführenden Entwicklung eines robusten und personalisierbaren Manöverassistenzsystems an der Hochschule Wismar zwei zukunftsweisende Prämissen parallel verfolgt: Einerseits soll das Expertenwissen der Nautiker in die digitale Welt transferiert werden und damit auch für Ausbildung und Training verfügbar gemacht werden. Anderseits kann mit diesem Assistenzsystem, über das auch alle neuen automatisierten Funktionalitäten integriert werden, ein Instrument für höhere Automatisierungsstufen geschaffen werden, das bei Systemstörungen als Diagnosewerkzeug und Rückfalllösung dient.
„Besonderes Alleinstellungsmerkmal in ‚Galileonautic‘ ist die Vernetzung und zentrale Koordination aller beteiligten maritimen Fahrzeuge. Aber auch wenn ein Teilnehmer nicht vernetzt ist, kann das System adäquat reagieren“, betont Dr. René Zweigel von der RWTH Aachen, Koordinator des Projekts. „Dadurch ist es möglich, Automatisierung auch bei Mischverkehr mit autonomen und nicht autonomen Systemen umzusetzen. Nur so kann eine Automatisierung Schritt für Schritt gelingen.“
Eine Grundvoraussetzung für autonomes Handeln stellt die hochgenaue und zuverlässige Positionsbestimmung und Navigation dar, wobei die Forscher auch auf das neue europäische Satellitennavigationssystem „Galileo“ zurückgriffen. bo