Frischer Sand für Sylt
Die Brandung trifft mit voller Wucht auf die Insel Sylt. Bei jedem Sturm kommt die bange Frage auf, wie groß die Abbrüche an den Randdünen sind, wie viel Sand weggespült wurde. Früher versuchten die Insulaner und Küstenschützer Sylt mit Buhnen und riesigen Tetrapoden aus Beton zu schützen, die beispielsweise vor Hörnum im Sand liegen. Die fortschreitende Erosion konnte durch diese festen Bauwerke aber kaum verringert werden, heißt es beim Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN). Seit einiger Zeit setzen die Küstenschützer daher auf Sandspülungen, um die Insel zu erhalten.
Dafür saugt ein Spül schiff rund acht Kilometer vor Sylt aus 15 bis 30 Meter Tiefe ein Wasser-Sand-Gemisch an Bord. Das Wasser fließt sofort ab, der Sand kommt in den Laderaum. Nach gut einer Stunde ist die Arbeit abgeschlossen, das Schiff fährt näher an die Küste heran. Etwa 1,2 Kilometer vor Sylt schwimmt ein Ende der Spülleitung im Wasser. Dieses wird aufgenommen, und mit viel Wasser wird der Sand innerhalb einer Stunde an den Sylter Strand gepumpt und mit Planierraupen verteilt.
Auch diesen Sommer sind die dicken Rohre an den Stränden Sylts sichtbar, aus denen das Gemisch schießt. Denn durch Westwinde und die dadurch hervorgerufene Brandung des Meeres werden nach LKN-Angaben jährlich ein bis vier Meter von der Westseite der Insel abgetragen. Der Sand verlagert sich parallel zur Küste nach Norden oder Süden. Die Insel verliert dadurch jedes Jahr rund eine Million Kubikmeter Sand. Sand, der erstmals 1972 wieder zurück aus dem Meer geholt und an die Strände gespült wurde. Mittlerweile finden die Aufspülungen jedes Jahr statt.
Noch bis 2030 kann das LKN aus dem Bewilligungsfeld Westerland III Seesand für die Aufspülungen auf Sylt holen. Das etwa 55 Quadratkilometer große Gebiet ist in Teilflächen von etwa 1,1 Quadratkilometern unterteilt. Je Teilfläche können bis zu zehn Millionen Kubikmeter Sand gewonnen werden. Dieses Jahr werden noch bis Mitte Oktober etwa 1,19 Millionen Kubikmeter Sand aufgespült, rund 7,3 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Der Sand wird überwiegend an den Stränden in List, Kampen und Hörnum aufgespült.
Wo genau der Sand verteilt wird, darauf einigen sich jedes Frühjahr Vertreter von LKN, Umweltministerium, Landschaftszweckverband sowie der Sylter Gemeinden – nachdem sie in Geländewagen einmal von Hörnum im Süden der Insel bis nach List im Norden gefahren sind.
Im Frühjahr 2017 war Umweltminister Robert Habeck mit bei einer solchen Tour. Sylt spiele eine herausragende Rolle für den Küstenschutz in Schleswig-Hostein, sagte der Grünen-Politiker damals. Die Insel sichere gemeinsam mit den Halligen und den Deichen auch das Festland vor Schäden durch Sturmfluten. Die flexiblen Sandvorspülungen hätten sich bislang als der effektivste Schutz für die Sylter Westküste erwiesen.
Ein Ende der Sandaufspülungen ist nicht abzusehen, auch ist die Durchbruchgefahr der Insel nicht vollständig gebannt. Die bestehe laut LKN zwar immer, doch werde sie durch einen Sandpuffer verringert. Und dieser Puffer ist da. Der Erfolg der Sandaufspülungen seit 1972 bestehe darin, dass seit einigen Jahren nahezu keine Substanzverluste an der Westküste aufgetreten seien, heißt es beim LKN. lno/ger