Glasaale aus Südfrankreich für die Oberelbe

Die Fischaufstiegshilfe am Südufer der Elbe bei Geesthacht ist seit Sommer 2019 zugeschüttet. Hier kommen keine wandernden Fische mehr durch, Foto: Timo Jann

200.000 nur sechs Zentimeter große Glasaale wurden in die Elbe gesetzt, Foto: Timo Jann

„Das Problem für die Fische ist uns bewusst, deshalb sind wir ja um Abhilfe bemüht.“ Martin GellnerStellvertretender WSA-Leiter, Foto: Timo Jann
Damit die Fische in der Elbe unter der für die Schifffahrt mit Hilfe des Stauwehrs bei Geesthacht auf einen nutzbaren Wasserstand aufgestauten Oberelbe nicht zu sehr leiden, wurden an den Ufern des Flusses zwei Fischaufstiegsanlagen gebaut. Doch weil seit dem drohenden Einsturz eines Dammes und einer Spundwand im Sommer 2019 die Fischaufstiegsanlagen nur noch bedingt beziehungsweise gar nicht mehr nutzbar sind, ist die Wanderung in die Laichgebiete für viele Fische unmöglich geworden.
Deshalb wurden jetzt 200.000 junge Glasaale in der Oberelbe ausgesetzt. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Lauenburg hatte die Aktion als erste Kompensationsmaßnahme organisiert. „Wir haben hier ja unbestritten aktuell ein Hindernis im Fluss, so dass wir durch den Besatz mit Glasaalen aus Frankreich oberhalb des Stauwehrs den Bestand unterstützen wollen“, erklärte Martin Gellner, der stellvertretende Leiter der Behörde.
Am Südufer des Stauwehrs zwischen Geesthacht und Rönne ist die Aufstiegsanlage komplett zugeschüttet worden. Auch an der großen Fischtreppe am Nordufer der Elbe fehlt die Lockströmung, die die Fische eigentlich in die richtige Richtung lenken soll. Doch das Hilfssystem ist gestoppt, weil die Spülrinnen in Verdacht stehen, den Damm ins Rutschen gebracht zu haben. Der wurde bisher nur notdürftig gesichert und winterfest gemacht, weil der Bund das Bauwerk ohnehin in den nächsten Jahren umfassend sanieren will.
Um übergangsweise dennoch für neuen Fischbesatz in der Elbe zu sorgen, wurde man beim WSA aktiv. Glasaale sollten her. Gellner: „Wir hatten alle Hebel in Bewegung gesetzt und jetzt noch 50 Kilo bekommen.“ Just in time lieferte ein Kleintransporter die Fracht aus Südfrankreich an. In den Boxen wuselten die etwa sechs Zentimeter langen und nur 0,3 Gramm schweren Glasaale umher. Gellner übergab sie vor Ort am Stauwehr an Vertreter der Fischereiverbände aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Die nahmen sie mit, um sie in ihren Zuständigkeitsbereichen an geeigneten Stellen auszusetzen. Eine weitere Idee ist es laut Gellner, künftig unterhalb der Aufstiegshilfe am Südufer Aale auf ihrem versperrten Wanderweg zu fangen und über die zugeschüttete Fläche in den Oberlauf zu tragen.
„Das alles ist besser als nichts zu tun, aber es kommen ja weiterhin viele Arten nicht elbaufwärts“, berichtete Elbfischer Eckard Panz aus Hohns-torf. Er hofft, dass das WSA die Aufstiegsanlagen zeitnah wieder in einen funktionsfähigen Zustand versetzt. Daran werde gearbeitet, versicherte Gellner. Zunächst sei aber eine Erkundung nötig, um möglicherweise im Boden steckende Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg aufzuspüren. Beim Bau der Fischtreppe am Geesthachter Ufer war man vor einigen Jahren auf zwei Bomben gestoßen. Wenn nun am Südufer die Instandsetzung der Aufstiegsanlage erfolge, müsse erst Sicherheit geschaffen werden. Laut Gellner werde vermutlich die einsturzgefährdete Spundwand zur „Insel“ zwischen Elbstrom und Aufstiegshilfe komplett erneuert. „Das werden wir dann so machen, dass auch in Zukunft mögliche technische Verbesserungen des Aufstiegs umgesetzt werden können“, berichtet der stellvertretende Amtsleiter des WSA Lauenburg. Er hofft, dass die Kampfmittelerkundung in diesem Jahr abgeschlossen werden kann, damit 2021 die Bauarbeiten starten können.
Für die Schifffahrt im Hinterlandverkehr vom und zum Hamburger Hafen bedeuten die Pläne zur Erneuerung der Spundwand und zur auf 16 Jahre angelegten Sanierung des Stauwehrs keine Einschränkungen. Der Bereich wird durch die Schleuse und den Schleusenkanal ohnehin umfahren. Als der Damm im August 2019 abgerutscht war, musste Wasser aus der Oberelbe abgelassen werden – in der Folge kam die Schifffahrt zum Erliegen. Ein Stau von 90 Schiffen am Hebewerk in Scharnebeck baute sich nach der Freigabe nur langsam wieder ab. tja