„Helgoland“ absolviert Probefahrten

Der Weg war lang, doch jetzt ist ein Ende in Sicht: Das erste mit einem LNG-Dual-Fuel-Antrieb in Deutschland entstandene Schiff steht vor seiner Übergabe an die auftraggebende Reederei, die Cassen-Eils-Gruppe.

Eigentlich hätte die neue Passagier- und Frachtfähre, mit der die zur AG-Ems-Gruppe gehörende Cassen Eils-Reederei künftig einen Ganzjahresdienst nach der Insel Helgoland aufnehmen wird, schon im Sommer in Fahrt gehen sollen. Doch dann traten technische Störungen auf. Die große Übergabefahrt musste kurzfristig abgesagt werden.

Am vergangenen Donnerstag führte dann die Bauwerft, die Fassmer-Gruppe, eine ausführliche Probefahrt durch – natürlich nach Helgo land. Nach derzeitiger Planung soll die neue „Helgoland“ Ende Oktober an Cassen Eils übergeben werden, wie eine Sprecherin der Reederei-Gruppe aus Emden auf THB-Anfrage bestätigte.

Reederei und Werft beschreiten mit diesem Schiff technisches Neuland. Erste LNG-Erfahrungen hat die AG Ems bereits mit ihrem knapp 30 Jahre alten Bestandschiff „Ostfriesland“ sammeln können, das am 17. Juni zu seiner Jungfernfahrt zur Insel Borkum aufbrach.

Nach Darstellung der für ihre schiffbautechnischen Qualitätsprodukte international erfolgreichen Fassmer-Werft stellt der LNG-Antrieb sehr wohl eine technische Herausforderung dar. Denn anders als bei Schiffen mit herkömmlichen Antriebs- und Energieversorgungsanlagen fehlt es bei der LNG- Technik vielfach noch an Industriestandards. Deshalb sei es in der Konstruktions- und der Bauphase sowie im Rahmen der Inbetriebnahme immer wieder zu neuen technische Herausforderungen gekommen. Dabei hatte die Reederei von Anfang an erklärt: „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.“ Dass die AG-Ems-Gruppe zudem in finanzieller Hinsicht auf einem soliden Fundament steht, sorgte auch für die nötige Prozessruhe.

Bei zahlreichen technischen Komponenten handelt es sich zudem um Prototypen, was mit entsprechenden Genehmigungsverfahren und dem erforderlichen Zeitaufwand verbunden war. Dr. Bernhard Brons, Chef der in Emden beheimateten AG-Ems-Gruppe: „Wir sind uns dessen bewusst, dass wir es mit einem Pilotprojekt zu tun haben. Der Unterstützung der EU für die LNG-Technik haben wir nicht ohne Grund erhalten.“

Neben einem Zuschuss durch die Inselgemeinde Helgoland in Höhe von 150.000 Euro für den Winterbetrieb erhielt die Reederei auch einen EU-Förderbetrag in Höhe von rund 4,2 Millionen Euro für die Entwicklung eines LNG-Antriebssystems für den kombinierten Personen- und Frachtverkehr zur ganzjährigen Anbindung Helgolands.

Die Reederei ist davon überzeugt, dass sie mit dem rund 30 Millionen Euro teuren Neubau erfolgreich sein wird. Man werde einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Versorgungsqualität Helgolands nachhaltig zu verbessern. Die Insel selbst möchte sich künftig viel stärker als Dauer-Besuchsinsel im Markt positionieren, also Gäste gewinnen, die sich nicht nur auf Tagesvisiten beschränken. Dafür ist es wichtig, dass der rote Sandsteinfels nachhaltig mit allen Gütern des täglichen Bedarfs zuverlässig versorgt wird.

Das kann die neue „Helgoland“ garantieren. Sie verfügt über großzügige Frachtkapazitäten. Das Schiff kann bis zu zehn 10-Fuß-Frachtcontainer aufnehmen, die im Vorschiffsbereich an und unter Deck gestaut werden können. Für den Umschlag steht ein eigener Bordkran zur Verfügung, der Lasten von bis zu zehn Tonnen aufnehmen kann.

Auch bedingt durch den Frachteinsatz wird die „Helgoland“ künftig nicht mehr auf Reede liegen, sondern im Südhafen der Insel festmachen. Der neue Anleger wird im Herbst fertiggestellt.

Damit verbunden ist, dass die „Helgoland“ auch auf die traditionellen Börte-Boot-Operationen verzichten wird. Eine Maßnahme, die übrigens unter Beteiligung der Inselgemeinde Helgoland erfolgte. Der Gemeinderat stimmte dieser Veränderung mehrheitlich zu.

Bei einer zugelassenen Fahrgastzahl von 1060 Passagieren verfügt die „Helgoland“ über 1180 Sitzplätze, die sich auf verschiedene Passagierdecks mit acht Salonbereichen verteilen. Zu den Besonderheiten an Bord gehört ein Atrium mit gläsernem Fahrstuhl. Oberhalb des großzügigen Sonnendecks lädt eine Skybar zum Verweilen ein. Der Reisekomfort auf dem Schiff wird durch ein dynamisches Stabilisatorensystem von Blohm + Voss sichergestellt.

Das Schiff ist 83 Meter lang und 12,80 Meter breit. Der Hauptantrieb der „Helgoland“ besteht aus zwei Wärtsilä-Dual-Fuel-Motoren vom Typ 9L20 DF mit einer Leistung von je 1665 kW. Die Kraft wird über ein Getriebe auf zwei Verstellpropeller geführt. Zusätzlich wurden drei MAN-Stromgeneratoren mit einer Leistung von je 500 kW eingebaut. Durch Zuschaltung dieser Stromgeneratoren im Fahrbetrieb kann die „Helgoland“ somit beispielsweise im Tidenstrom auf der Elbe auch die maximale Geschwindigkeit von 20 Knoten erreichen.

Das Schiff verfügt über einen 54 Kubikmeter fassenden LNG-Tank. Mit dem Unternehmen Bomin Linde hat die AG-Ems-Gruppe einen Versorgungsvertrag gezeichnet, der auch die „Ostfriesland“ mit einbezieht. Dank der Flüssigerdgas-Nutzung werden im Jahr mehr als 1,2 Millionen Liter Marinediesel eingespart.

Nach ihrer offiziellen Indienststellung wird die neue „Helgoland“ im Winterdienst sechsmal wöchentlich Helgoland ansteuern. EHA/CE

Teilen
Drucken

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Nach oben