Kampfansage gegen Plastikmüll im Meer
Die EU-Kommission will per Gesetz eine Richtlinie für Annahmestellen für Plastikmüll in Häfen durchsetzen.
Allein die Schifffahrt trage rund 40 Prozent zu den Kunststoffabfällen in den Ozeanen bei, stellte sie fest. Die bereits konkrete Gesetzgebungsmaßnahme ist aber nur ein Teil einer umfassenden Strategie gegen Plastikmüll, mit der die Kommission Menschen und Umwelt besser schützen und gleichzeitig der Verwerterbranche in Europa zum Aufschwung verhelfen will. So sollen bis 2030 sämtliche Plastikverpackungen wiederverwertbar werden.
„Wir müssen verhindern, dass Plastik in unser Wasser, unser Essen und sogar unsere Körper kommt“, erklärte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans jetzt in Straßburg. Europaweit fallen nach Angaben der EU-Kommission jährlich rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll an. Nur knapp 30 Prozent davon werden zur Wiederverwertung gesammelt, die übrigen 70 Prozent landen auf Müllkippen, in Verbrennungsanlagen oder in der Umwelt, vor allem in den Meeren.
Das Thema hat zum jüngsten Jahreswechsel erneut Brisanz gewonnen, nachdem China einen Importstopp gegen Plastikabfälle verhängt hat. Deutschland allein führte bislang dorthin vor allem über den Seeweg rund 560.000 Tonnen Plastikabfälle pro Jahr aus, die nun anderweitig recycelt oder verbrannt werden müssen.
Ein Ziel der Plastikstrategie sei es, Recycling auch in Europa profitabel zu machen, sagte Timmermans Kollege Jyrki Katainen. Er nannte zwei Gründe, die bisher dagegen sprechen: Es gebe keine einheitlichen Standards für recyceltes Plastik und deshalb Zweifel an der Qualität. Und das Ausgangsmaterial sei zu unterschiedlich, weil zum Beispiel in Verpackungen Farbstoffe oder Chemikalien zugefügt werden. Die Kommission plant neue Vorgaben an die Industrie, um Plastik leichter wiederverwertbar zu machen. Bis 2020 verspricht sie 100 Millionen Euro an Fördermitteln zur Erforschung verbesserter Materialien. Außerdem will sie europaweit eine sortenreinere Sammlung voranbringen. Damit könnte das Recycling um bis zu 100 Euro pro Tonne billiger werden, erklärte die Behörde. Bis 2030 könnten 200.000 neue Jobs in Sortierung und Verwertung entstehen.
Noch 2018 will die Kommission neue Regeln zur Vermeidung von Einmalgegenständen aus Plastik vorschlagen, also zum Beispiel Plastikstrohhalme, Einwegbesteck oder Deckel für Kaffeebecher.
Aufklärungskampagnen sollen Verbraucher zum Umdenken bewegen. Die Beimengung von Mikroplastikpartikel in Kosmetika und Waschmitteln soll unterbunden werden. Vergangene Woche hatte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger auch eine Plastiksteuer ins Gespräch gebracht, die nun geprüft werden soll. In der Kommissionsstrategie taucht sie aber noch nicht auf.
Insgesamt sollen nach Angaben des Umweltbundesamts bis zu 142 Millionen Tonnen Plastikabfälle in den Weltmeeren schwimmen. „Wenn wir nicht ändern, wie wir Plastik produzieren und nutzen, wird es 2050 mehr Plastik als Fisch in unseren Ozeanen geben“, warnte Timmermans.
Die Strategie erntete auch von den europäischen Grünen und von deutschen Umweltverbänden wie Nabu und dem BUND ein positives Echo. Der WWF appellierte jedoch: „Die EU muss schneller und deutlich konkreter handeln, um unseren Anteil an der weltweiten Plastik- flut zu stoppen.“ dpa/ger