Neue „Umweltplakette für die Schifffahrt“

Die Hybrid-Fähre „Copenhagen“ soll 2016 die Scandlines-Flotte ergänzen, Foto: Hasenpusch

Claus Nikolajsen, Foto: Poellnitz
Im Kampf gegen den Klimawandel ist die Schifffahrt erneut in den Fokus der Europäischen Union (EU) geraten. Ein Entwurf zu einer umfassenden Dokumentationspflicht für den Ausstoß von CO2 befinde sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren und solle Anfang 2018 in Kraft treten, sagte Jörg-André Würfel, Account Manager für Maritime Messtechnik bei Siemens.
Die Schiffbausparte des Elektronikkonzerns hatte jüngst zum dritten Siemens-Reedertag in das Internationale Maritime Museum in Hamburg geladen, um rund 100 Vertreter von Werften, Reedereien und der Zuliefererindustrie über neue Entwicklungen im Themenfeld „Green Shipping“ zu informieren. So sei beispielsweise aus der Sicht von Siemens der Innovationsdruck im Bereich der Treibstoff einsparung zuletzt aufgrund der relativ niedrigen Bunkerkosten gesunken. Matthias Schulze, der das globale Schifffahrtsgeschäft von Siemens verantwortet, geht von einer längeren Phase mit niedrigen Ölpreisen aus, denn die OPEC pumpe weiter viel Öl in den Markt. Und nach der Beendigung des Handelsboykotts durch die USA werde auch der Iran demnächst seine Reserven auf den Markt bringen.
Schulze sieht im gesunkenen Ölpreis auch ein Risiko für die Anbieter von Flüssiggas. LNG (Liquefied Natural Gas) sei gegenwärtig zwar in aller Munde, werde vorerst aber eine Nische bleiben. Eine erhöhte Nachfrage erwartet Siemens allerdings für innovative, energieeffiziente Antriebe, zum Beispiel durch die Anpassung der Drehzahl beim Wechsel von Diesel- zu Gasaggregaten oder die Einbindung von Batterien.
Handlungsdruck für die Reeder erwartet André Würfel von einem geplanten EU-Gesetz zu Monitoring, Reporting and Verification (MRV), das im Januar 2018 in Kraft treten soll. Der Entwurf aus dem Jahr 2013 befindet sich derzeit im Abstimmungsprozess und sieht umfangreiche Dokumentationspflichten für die Schifffahrt vor. In einem ersten Schritt soll der Ausstoß von CO2 auf der Basis umfangreicher Daten über Schiffsbewegungen und Treibstoffverbrauch nach jeder Fahrt durch den Reeder nachgewiesen werden. „MRV wird eine Art grüne Umweltplakette für die Schifffahrt“, so Würfel. Die Dokumentation und Speicherung aller relevanten Daten wie sie etwa das Siemens-IT-System „Eco Main“ anbiete, gewinne deshalb an Bedeutung.
Auch künftig würden 70 Prozent des Welthandels über die Meere erfolgen, sagte Schulze in seinem Ausblick. Die Schifffahrt trage große Verantwortung für den globalen Klimaschutz, deshalb seien Investitionen in grüne Technologien ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit.
Für Claus Nikolajsen, Routenmanager des dänischen Fährenbetreibers Scand lines, sind diese Gedanken längst Gegenwart. Denn die Scandlines-Fähren zwischen Puttgarden und Rødby sind mit Hybrid-Antrieben ausgestattet, die über eine mit Siemens entwickelte intelligente Steuerung den Diesel in küstennahen Bereichen aus- und auf Batterieantrieb umschalten. Das ehrgeizige Ziel von Scandlines lautet „Zero-Emission“ und soll bis 2018 umgesetzt werden. Das „Wie“ sei noch nicht ganz klar, räumte Nikolajsen ein. Vor allem in der Batterietechnik müsse noch einiges passieren. Aber er sei optimistisch, dass die Industrie bis dahin passende Lösungen entwickelt habe. bre/svp