„Polarstern“ auf Antarktis-Kurs

Die „Polarstern“ wird die Neumayer-Station III mit Forschungsgerät, Treibstoff und Lebensmitteln versorgen, Foto: AWI, Thomas Steuer

Die 1982 in Dienst gestellte „Polarstern“ verlässt am Samstag Bremerhaven, Foto: AWI, Folke Mehrtens
Für die „Polarstern“ beginnt am Samstag die Antarktissaison. Dann nämlich wird das deutsche Forschungsschiff seinen Heimathafen Bremerhaven verlassen und zunächst Kurs auf Kapstadt in Südafrika nehmen. Anschließend stehen ozeanografische Arbeiten im Weddellmeer und die Versorgung der Neumayer-Station III auf der Agenda, teilte das Alfred-Wegener-Institut (AWI) Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung jetzt mit.
Eine der zentralen Fragen der Saison lautet aber auch: Wie sieht es unter dem Schelfeis des abgebrochenen Riesen-Eisbergs A68 aus? Antworten soll eine Expedition zum Larsen-C-Schelfeis an der Antarktischen Halbinsel liefern. Hintergrund: Die Halbinsel ist eine der sich am schnellsten erwärmenden Regionen der Welt, wie das AWI erklärt. Als mögliche Folge seien 1995 und 2002 erst das Larsen-A-Schelf eis und später das Larsen-B-Schelfeis fast vollständig zerfallen. Dadurch verbleibe nur noch das Larsen-C-Schelfeis als letztes großes Schelfeis im westlichen Weddellmeer. Im Juli 2017 kalbte dort dann der Eisberg A68. Mit einer Fläche von rund 5800 Quadratkilometern sei er einer der größten Eisberge, die jemals erfasst worden sind.
Mit mehr als 50 Wissenschaftlern von 17 Institutionen beginnt die „Polarstern“-Expedition zum Eisberg A68 Anfang Februar im chilenischen Punta Arenas. Die Forscher wollen laut AWI genau erfassen, welche Meeresboden-Landschaften und Lebewesen sich unter dem abgebrochenen Eis befinden. Geleitet wird die Expedition von Dr. Boris Dorschel, Bathymetriker am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Neben seinen eigenen Arbeiten zur Vermessung des Meeresbodens koordiniert er die geowissenschaftlichen und biologischen Gruppen an Bord sowie die Forschung der Meereisphysiker.
Besonders gespannt seien die Wissenschaftler, ob die Meereisbedingungen es zulassen, bis zum Larsen-C-Schelf eis vorzudringen. Im Südsommer (Februar und März) 2018 hatte das britische Forschungsschiff „James Clark Ross“ vergeblich versucht, so weit nach Süden kommen. Biologen, die damals an Bord waren, seien auch dieses Jahr wieder auf der „Polarstern“ mit dabei.
Für die internationale Wissenschaft ist der Versuch, in das Larsen-C-Schelfeis vorzudringen, von großer Bedeutung. Denn aufgrund der Abgeschiedenheit – mehr als 1500 Kilometer Entfernung zum nächsten Hafen – gibt es selbst zu den Gebieten Larsen A und B nur begrenzt wissenschaftliche Daten. Larsen C sei sogar fast vollständig unerforscht.
Nach diesem „antarktischen Herzstück“, wie die Expedition zum Schelfeis beim AWI genannt wird, folgt im April und Mai 2019 eine Forschungsfahrt mit geowissenschaftlichem Schwerpunkt rund um die Südshetlandinseln. Die anschließende Rückreise quer durch den Atlantik wollen Lehrende nutzen, um internationale Studierende der Meeresforschung auszubilden, kündigte das Institut weiter an. Am 29. Juni 2019 werde die „Polarstern“ dann in Bremerhaven zurückerwartet. ger