„Polarstern“: Ein Jahr im ewigen Eis

Im Herbst 2019 wird die „Polarstern“ zu ihrer bisher wohl abenteuerlichsten Expedition aufbrechen.

Dann nämlich soll das deutsche Forschungsschiff (IMO 8013132) rund ein Jahr lang antriebslos quer durch das Eis der Arktis driften, wie das Alfred-Wegener-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung jetzt mitteilte.

Die Forschungsfahrt, in die rund 65 Millionen Euro fließen, ist ein Gemeinschaftsprojekt von Instituten in Russland, den Vereinigten Staaten, China, Großbritannien und eben Deutschland. Der passende Titel: MOASiC – das steht für Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate.

Die aktuelle Planung sieht vor, die „Polarstern“ im Oktober 2019 in die Ostsibirische See zu steuern. Dort angekommen, soll sie sich vom nördlichen Eis einfrieren lassen, um dann mit Eintreten des arktischen Winters der natürlichen Eisdrift zu folgen.

Dass das überhaupt möglich ist, ist eines der wichtigsten Erkenntnisse einer mehr als 120 Jahre alten Expedition. 1893 war es der norwegische Polarforscher Fridtjof Nansen gewesen, der sich mit seinem Forschungsschiff „Fram“ im arktischen Eis einfrieren ließ. Er wollte damals den Nordpol mit Hilfe der natürlichen Eisdrift erreichen, die er damals vermutete. Für drei Jahre war die „Fram“ im Eis gefangen. Den Nordpol querte sie aber nicht.

Darum gehe es heute auch nicht mehr. Stattdessen will das Forscherteam unter AWI-Leitung das arktische Klima so umfassend untersuchen wie nie zuvor. Bisher wurden aufgrund der Zugänglichkeit vor allem im arktischen Sommer Daten gesammelt. Die Expedition soll ihnen nun die Möglichkeit geben, das auch im arktischen Winter zu tun.

Dazu entsteht in der Arktis ein ganzes Netzwerk von Stationen in einem Umkreis von etwa 50 Kilometern rund um die Position der „Polarstern“. In diesen Camps, die dann nämlich mit dem Schiff driften, werden die Wissenschaftler aufwendige Messungen durchführen. Den Crew-Transfer übernehmen Langstreckenhelikopter. Die Forscher werden zwei bis drei Monate vor Ort bleiben. Fünf bis sechs Mal soll das gesamte Team während der Reise ausgewechselt werden.
Da die „Polarstern“ trotz Standby-Modus wegen Heizung und elektronischen Systemen täglich rund 15 Tonnen Treibstoff verbrauchen wird, werden außerdem Partnereisbrecher zur Verfügung stehen, die das Forschungsschiff betanken sollen.

Auf welcher Route genau die „Polarstern“ die Arktis durchqueren wird, weiß niemand. Wenn alles gut geht, heißt es, kommt sie 2020 zwischen Spitzbergen und Grönland wieder frei. Problematisch könne es werden, wenn sie zu weit nach Nordgrönland abdriftet. Dort würde sie nicht allein wieder herauskommen. AWI-Fahrtleiter Markus Rex sieht das Risiko gelassen: „Damit müssen wir leben. Wenn uns die Drift nicht gefällt, können wir uns darüber ärgern, aber wir müssen mit.“

Um die Gefahr trotzdem so gering wie möglich zu halten, war bereits viel Arbeit in die Auswahl des Startpunkts geflossen. Der wurde durch statistische Beobachtungen des Permafrosts in den vergangenen Jahren ermittelt.

Trotzdem: „Driften heißt eben driften“, weiß Rex. Die Motoren der Polarstern sind auf der abenteuerlichen Reise ausgeschaltet. Das Schiff liegt festgefroren im massiven Eis. Für eine schätzungsweise rund 2500 Kilometer lange Tour. ger

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