Streit über Ölförderung in Lofoten-Region

Norwegen will trotz europäischer Energiewende neue Öl-Fördergebiete erschließen, unter anderem in der Fischerei- und Tourismusregion um die Lofoten.

In dem skandinavischen Land, aber vor allem auf der betroffenen Inselgruppe sind die Pläne daher enorm umstritten. Rund 25 Prozent der Menschen, die auf den im Norden Norwegens liegenden Lofoten leben, sind vom Fischfang abhängig. Denn dort gilt das Meer als wahre Goldgrube.

Die Gewässer vor Lofoten, Vesterålen und Senja seien so etwas wie die Kinderstube der Fische. Aber ausgerechnet hier wollen die großen Parteien im norwegischen Parlament nach Öl suchen lassen. Per-Roger Vitken, selbst Fischer, sieht die Zukunft des Berufs gefährdet. Denn die Folgen einer Ölsuche seien nicht klar. „Was machen wir, wenn die Fische nicht mehr kommen?“ Auch der Tourismus, der andere wichtige Wirtschaftsfaktor der Region, könnte darunter leiden.

Auf der anderen Seite steht Jonny Finstad, Bezirkspolitiker der konservativen Partei Høyre. Diese will die Region für eine „konsekvensutredning“ öffnen. Das bedeutet, aufgrund bestehender Kenntnisse abzuwägen, ob eine Förderung von Öl in der Region umweltverträglich wäre und sich lohnen würde. Die drei größten Parteien – Høyre, die Sozialdemokraten und die Rechtspopulisten – sind dafür. „Wenn wir keine neuen Gebiete erschließen, wird die Ölproduktion dramatisch zurückgehen“, meint Finstad. Und das werde zu einem Rückgang der Einkommen in Norwegen und zu einer Senkung des Wohlstandsniveaus führen. Auch König Harald V. hält die wirtschaftlich goldenen Zeiten für Vergangenheit, wie er vor gut einer Woche im Parlament warnte: „Wichtige wirtschaftliche Trends liefen in den vergangenen zehn Jahren zu unseren Gunsten. Jetzt kehren sich die Trends um.“

Das Öl hat Norwegen reich gemacht und ist ein Grund, warum das Land im Norden bei vielen internationalen Rankings immer ganz oben mitmischt. Die Ressourcen gehören dem Volk und die Gewinne wurden auch über einen mittlerweile billionenschweren Staatsfonds klug investiert: in Bildung, in Gesundheit, in Infrastruktur.

Entlang der gesamten Nordseeküste und in der Barentssee wird bereits Öl gefördert. Die Region um die Lofoten wurde bisher ausgespart – eben weil sie verletzlich ist.

„Das ist das wichtigste Gebiet für die norwegische Fischerei“, sagt Wenche Cumming von der Bürgerinitiative „Ölfreies Lofoten“ in Svolvær. „70 Prozent der Fische, die entlang der norwegischen Küste gefangen werden, waren im Laufe ihres Lebens mindestens einmal in diesem Gebiet.“ Daher sei das Risiko, dass Öl austrete, zu groß. „Wir können innerhalb kurzer Zeit viel verlieren.“ Doch nicht nur mögliche Öllecks bereiten Sorgen. „Was die Fischer am meisten fürchten, sind die seismischen Untersuchungen. Da werden Druckwellen in den Meeresboden geschossen, um das Öl zu lokalisieren.“ Das verschrecke Fische und Wale und hätte einen unmittelbaren Einfluss auf die Fangraten.

Kjell Giæver vom Lobbyverband Petroarctic in Bodø, der eng mit den Ölgesellschaften und den regionalen Behörden und Unternehmen zusammenarbeitet, zeigt Verständnis. „Wir dürfen keine Kompromisse eingehen. Wenn das Risiko zu groß sein sollte, dürfen wir das nicht machen.“ Trotzdem meint er, dass Norwegen weiter auf die Ölindustrie setzen sollte. „Öl und Gas wird über Hunderte Jahre hinaus ein wichtiger Teil des Energiemixes und des Produktionsmixes sein. Auch wenn man diskutieren kann, ob das viel oder wenig Öl sein soll, Norwegen wird auch in Zukunft eine Rolle dabei spielen.“ dpa/ger

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